Der bundesweite Tag des offenen Denkmals findet in diesem Jahr am Sonntag, 8. September, unter dem Motto „Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte“ statt. Zum ersten Mal aus diesem Anlass laden auch wir nach Friedrichsruh ein und rücken architektonische Zeitzeugen in den Mittelpunkt.
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Die Hamburger Nachrichten veröffentlichten einen Tag nach Bismarcks Ableben am 30. Juli 1898 einen Nachruf, der ganz im Ton der Mythenbildung gehalten war:
„Daß deutsche Volk ist von einem Schlage getroffen worden, wie es ihn härter und schwerer seit dem Tode Kaiser Wilhelm’s I. nicht empfunden hat. Gestern Abend hat Fürst Bismarck seine Augen zum ewigen Schlummer geschlossen. Welche Feder wäre im Stande, den Schmerz zu schildern, mit der diese Trauerbotschaft das ganze Vaterland erfüllt! Trotz des hohen Alters des heimgegangenen nationalen Helden und seiner schweren Erkrankung wird die Kunde von dem plötzlichen Tode des Allverehrten, Allgeliebten mit der vollen Wucht einer namenlos großen, erschütternden Unglücksbotschaft wirken; […] Auch er, der Bezwinger einer ganzen Welt, der Schöpfer des Deutschen Reiches, hat sterben müssen – ein Mensch wie Alle!“
Über einen weiten Umweg sind zwei Gemälde in den Sachsenwald zurückgekehrt. Sie gehörten zum Besitz der Nachfahren der Familie Specht, deren Geschichte einzigartig mit Friedrichsruh, Aumühle und Otto von Bismarck verbunden ist. Nun sind die Porträts von Emil und Dora Specht durch eine Schenkung Teil der Sammlung der Otto-von-Bismarck-Stiftung geworden.
Was symbolisiert die Freiheit auf dem Bildnis der „Germania“, das 1848 in der Frankfurter Paulskirche hing? Welche Positionen vertrat Bismarck in der Kolonialpolitik? In den beiden Friedrichsruher Ausstellungshäusern haben wir für junge Menschen – angesprochen sind insbesondere Schülerinnen und Schüler ab Klassenstufe 8 – ein neues Angebot erarbeitet: Zwei Broschüren bieten die Möglichkeit, sich kurzweilig Wissen über wesentliche Bereiche der deutschen Geschichte im 19. Jahrhundert zu erschließen und einiges über Leben und Politik des ersten Reichskanzlers zu erfahren.
Wir freuen uns, dass eine neue Kollegin unser Team bereichert, und haben sie gebeten, sich kurz vorzustellen:
Mein Name ist Dr. Sabine Mangold-Will, und ich bin seit dem 1. April 2024 wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh. Ich habe Geschichte, Politik und Islamkunde studiert.
Diese Fächerkombination prägt bis heute mein Leben. Historikerin bin ich aus purer Neugierde geworden: Ich will wissen, was den Menschen (nicht nur) der Vergangenheit umtreibt, antreibt und wie unterschiedlich er der Welt begegnet, die ihn umgibt. Der handelnde und leidende Mensch ist – ob bewusst oder unbewusst – immer auch ein zoon politikon. Politik und das Gespräch darüber gehören daher für mich und meinen Mann – der als Journalist arbeitet – zum Alltag wie der Kaffee am Morgen zum Frühstück. Der Blick in und für die islamische Welt wiederum hat mich gelehrt, im Fremden das Eigene und im Eigenen das Fremde zu sehen.
„Gestern Mittag traf hier der Generaladjutant des Königs von Siam, Phya Tejo, ein, um dem Fürsten Bismarck den ihm vom Könige am 2. September verliehenen Familienorden des Königlichen Hauses, in Brillanten und mit dem Bildnisse des Königs geziert, zu überreichen. Ferner war Phya Tejo Überbringer einer Anzahl von Geschenken, darunter der Platin-Photografien des Königs und der beiden Prinzen mit deren Unterschrift und zweier großer Blumenvasen (Hörner, getragen von siamesischen Kriegern) in hervorragend künstlerischer Arbeit.“
Fotografien eines japanischen Prinzenpaares, die Otto von Bismarck 1887 vermutlich persönlich als Cartes de Visite überreicht wurden, Hölzer aus den Tropen, die der Journalist Eugen Wolf 1896 von seinen Reisen mit nach Friedrichsruh brachte, oder das 1955 in Aumühle errichtete Ostafrika-Denkmal – mit dem kleinen Ort im Sachsenwald sind zahlreiche höchst unterschiedliche Berichte, Dokumente und Objekte verbunden, die von der Rolle Bismarcks in der Global- und Kolonialgeschichte des 19. Jahrhunderts und deren Nachwirkungen zeugen. Dr. Ulf Morgenstern, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Otto-von-Bismarck-Stiftung, bündelte einige Beispiele in seinem Festvortrag „Ein blinder Fleck? Friedrichsruh als kolonialgeschichtlicher Erinnerungsort“. Dieser Vortrag stand im Mittelpunkt des Neujahrsempfangs, zu dem die Stiftung am vergangenen Freitag 100 Gäste begrüßte.
Diese Standuhr hat – zusätzlich zu ihrer Aufgabe, das Voranschreiten der Minuten und Stunden anzuzeigen – auch eine Zeit festgehalten: jene um den 1. April 1885. Otto von Bismarck wurde an diesem Tag 70 Jahre alt und der Kult, der sich um ihn entwickelte, unübersehbar. Es fanden Festveranstaltungen statt, Huldigungen wurden verfasst und Geschenke zum Wohnsitz des Reichskanzlers in Friedrichsruh geschickt. Dazu zählte auch eine eindrucksvolle Standuhr.
Franz von Lenbach, Anton von Werner, Emil Hürten, Ascan Lutteroth – Werke namhafter Maler des 19. Jahrhunderts sind im Bismarck-Museum Friedrichsruh zu sehen. Zu ihnen zählt auch der Hamburger Künstler Valentin Ruths (1825 – 1905), der 1879 auf einem stimmungsvollen Gemälde „Friedrichsruh im Winter“ festhielt.
„Der Park ist ein Waldausschnitt, der durch gärtnerische Anlagen unter Ausnutzung des alten Fabrikteiches ein freundliches Aussehen gewonnen hat. Der Boden neigt sich zum Teich hinab und trägt vor der geräumigen offenen Terrasse an der Rückseite des Hauses einen großen Rasen. Die durch den Teich fließende Au bringt es im Park zu einem Miniaturwasserfall und hüpft in anmutigem Gefälle über Felder und Grand, zwischen Wiesen und Waldhängen zu Tal. Ihr ist es gleich, wer sich an ihrem Plätschern erfreut und ob ihre Kraft in handwerklichen Dienst gezwängt wird.“
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Otto von Bismarck hat an einem selbstgewählten Ort seine letzte Ruhe gefunden. Nach seinem Tod am 30. Juli 1898 ließ sein Sohn Herbert dort, auf einer Anhöhe mit Blick auf das Familienanwesen in Friedrichsruh, das Mausoleum mit dem Grundriss eines Oktogons im neoromanischen Stil erbauen. Bei der öffentlichen Führung am Tag des offenen Denkmals wird über die Baugeschichte dieser Grabkapelle für den ersten Reichskanzler und seine Ehefrau informiert.
Treffpunkt: Aufgang zum Mausoleum, Holzhof, 21521 Friedrichsruh; Parkmöglichkeit am Bismarck-Museum, Am Museum 2, 21521 Friedrichsruh. Eintritt frei
Der erste Reichskanzler wurde in der Erinnerung vieler Deutscher bereits zu Lebzeiten verklärt. Bei dieser öffentlichen Führung im Bismarck-Museum Friedrichsruh wird der Bismarck-Kult am Beispiel ausgewählter Geschenke und persönlicher Gegenstände aufgezeigt. Zu sehen sind unter anderem das Gemälde „Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871)“ von Anton von Werner sowie Bismarck-Porträts von Franz von Lenbach, außerdem Meißener Porzellan, eine chinesische Elfenbein-Skulptur und ein Schachspiel aus Indien. Auch kann das mit originalem Mobiliar nachgestellte Arbeitszimmer betrachtet werden.
Der Eintritt ist frei, die Mindestteilnehmerzahl beträgt vier Personen.
Abb.: Zu den auffälligsten Exponaten des Bismarck-Museums zählt eine Mitrailleuse. Dieser Vorläufer eines Maschinengewehrs ist ein Beutestück aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Otto von Bismarck erhielt es 1872 als Geschenk von Kaiser Wilhelm I. (© Otto-von-Bismarck-Stiftung / Fotograf: Jürgen Hollweg)
Einige Gebäude in Friedrichsruh sind – wie das „Schloss“ und das Kaiserliche Postamt – verschwunden, andere haben einen bemerkenswerten Wandel durchlebt: Das Alte Landhaus, einst eine Gaststätte, beheimatet das Bismarck-Museum, das Bahnhofsgebäude ist Sitz der Otto-von-Bismarck-Stiftung und in dem weißen Turmhaus, das einst ein geschätztes Ausflugslokal der Hamburger war, wird heute gewohnt. Auf einem dreistündigen Rundgang erzählt der Kulturwissenschaftler Nikolaj Müller-Wusterwitz die Geschichte des kleinen Ortes mitten im Sachsenwald, der im späten 19. Jahrhundert als Wohnsitz Otto von Bismarcks berühmt wurde. Treffpunkt ist um 15 Uhr das Bismarck-Museum, eingeplant ist eine Kaffeepause im Café Vanessa (Garten der Schmetterlinge, Eintritt für den Cafébesuch frei.).
Dauer: drei Stunden, die Teilnahme ist kostenlos.
Abb.: „Bismarck und die Knabenschule“, aus der Reihe „Bismarckbilder aus dem Sachsenwalde“, Original-Momentaufnahme. Verlag der Literarischen Gesellschaft (Kunstabteilung) Leipzig 1892 (Archiv der Otto-von-Bismarck-Stiftung)
Leben und Politik des ersten Reichskanzlers werden bei dieser öffentlichen Führung vor dem Hintergrund wichtiger Entwicklungen im Deutschland des 19. Jahrhunderts erläutert. Dazu zählen die Nationalstaatsbewegung, die rasante Industrialisierung und die Lebenssituation der Arbeiter, aber auch der wirtschaftliche Aufstieg des Bürgertums und die politische Arbeit im Reichstag. Zu entdecken sind unter anderem die goldene Feder, mit der Bismarck 1871 den Friedensvertrag mit Frankreich unterschrieb, Zeugnisse der deutschen Kolonialpolitik sowie Nippes, der den Bismarck-Mythos veranschaulicht. Deutlich werden die politischen Erfolge Bismarcks ebenso wie seine Fehlleistungen.
Der Eintritt ist frei.
Foto: © Otto-von-Bismarck-Stiftung / Fotograf: Jürgen Hollweg