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In seinem Vortrag im Historischen Bahnhof Friedrichsruh erinnert Dr. Ralf Zerback an Robert Blum. Der Publizist, Barrikadenkämpfer und Abgeordnete der ersten deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche 1848 sei heute fast vergessen, obwohl er zu den geistigen „Urvätern“ der Bundesrepublik zähle – Blum sei „ein Freiheitspionier, ein Demokratie-Kraftwerk und ein Europa-Enthusiast“ gewesen. Dr. Zerback zeichnet den Lebensweg des Revolutionärs nach, der aus armen Verhältnissen stammte, sich autodidaktisch ausbildete und Zeitgenossen als der „beste Mann“ in der Nationalversammlung galt. Seinen Tod fand er am 9. November 1848 vor einem Erschießungskommando, nachdem er vergeblich versucht hatte, in Wien die Revolution gegen die reaktionäre österreichische Monarchie zu verteidigen.


Der Vortrag fand am 9. November 2023 statt. Titelbild unter Verwendung von „Robert Blum’s letzter Kampf für Deutschland’s Freiheit zu Wien, den 28ten October 1848“, Lithografie von Louis Schmitt, 1849

„Programm: Anschluß an Deutschland“, Karikatur über die politischen Absichten Georg von Schönerers von C. Barth, 12.10.1879

Seit dem ,Überschwappen‘ der US-amerikanischen „Black Lives Matter“-Bewegung nach Europa im Jahr 2020 hat die bundesdeutsche Debatte über den Umgang mit den Denkmalen Otto von Bismarcks neue Kontur gewonnen. Nicht selten ohne hinreichende Berücksichtigung der historischen Hintergründe und Evidenzen deklarieren Aktivistinnen und Aktivisten der postkolonialen Bewegung die steinernen Hinterlassenschaften seines Ehrregimes zu Relikten eines rassistischen Kolonialismus und verlangen deren Abriss.1

Eine in der Zielsetzung bisweilen ähnliche, wenngleich auf gänzlich anderem Fundament ruhende Diskussion erlebt seit über 25 Jahren die Sachsenwald-Gemeinde Aumühle, zu der auch der Weiler Friedrichsruh gehört, von 1878 bis zu seinem Tod 1898 Bismarcks hauptsächlicher Wohnort. Als ,Steine des Anstoßes‘ dienen hier gleich zwei Artefakte: ein von dem österreichischen Bismarck-Verehrer und bekennenden Antisemiten Georg von Schönerer 1915 initiiertes, 1921 aufgestelltes Bismarck-Denkmal und das 1922 auf dem Aumühler Friedhof für Schönerer eingerichtete Ehrengrab. Über beide Objekte entzündete sich 1996 ein im Kern lokaler, aber bundesweit ausstrahlender Disput, der zwischen dem Ruf nach Abräumung des Gedenksteins wie auch des Grabmals und dem Appell oszillierte, beides in bewährter Tradition erhalten zu wollen. Vor dem Hintergrund nachdrücklicher Interventionen der zuständigen Denkmalschutzbehörde bzw. der Kirchenoberen sahen die Verantwortlichen der politischen wie der Kirchen-Gemeinde schließlich von einer Beseitigung des Grabes und des Denkmals in der Hoffnung ab, das Problem mit der Aufstellung von Informationstafeln beheben zu können. Doch die Ruhe blieb trügerisch, da die Schilder schon bald von offenbar rechtsradikalen Kreisen beschädigt oder sogar entwendet wurden.2

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Amboss mit Werkzeugen, Geschenk der Bergischen Schmiede, Remscheid, zum 1. April 1895, Hans Friedel, Deutschland, um 1895, Eiche, Metalle, Email, Leder, Buche, Bismarck-Museum, Friedrichsruh, Inventar-Nr.: A 052 (@ Otto-von-Bismarck-Stiftung, Fotograf: Jürgen Hollweg) / Postkarte „Der Schmied der deutschen Einheit“ (Sammlung der Otto-von-Bismarck-Stiftung)

Auf Postkarten, als Bebilderung von Notgeld oder als Nippes: Otto von Bismarck wurde von seinen Anhängern gerne als „Reichsschmied“ verklärt. Damit wurde aus dem gebildeten Adligen, studierten Juristen und Politiker, der öffentlich bevorzugt in Uniform auftrat, ein volksnaher Handwerker gemacht, der mit feuerfester Schürze am Amboss steht, den Hammer fest in der Hand.

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