Mit einem Empfang für geladene Gäste, der Veröffentlichung einer Online-Biografie ihres Namensgebers und einer anspruchsvollen Kunstausstellung feiert die Otto-von-Bismarck-Stiftung in diesem Sommer ihr 25-jähriges Bestehen. Außerdem stehen in der zweiten Jahreshälfte wieder eine Reihe interessanter öffentlicher Vorträge sowie eine wissenschaftliche Konferenz auf dem Programm.

Messbecher mit Henkel für einen Viertelliter, Hersteller: Ernst August Wörnlee, Deutschland, um 1870, Zinn (Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: O 2017/008)
Nicht nur in politischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch für den Alltag seiner Einwohner brachte eine Vielzahl neuer Gesetze des Norddeutschen Bundes merkliche Veränderungen mit sich. Das galt nicht zuletzt in Bezug auf die Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten. 1868 wurde im Reichstag intensiv über die Abschaffung des wirtschaftshemmenden Nebeneinanders verschiedener Maß-, Längen- und Gewichtseinheiten in den einzelnen deutschen Staaten diskutiert. Mehrheitlich votierten die Abgeordneten für die Einführung des metrischen und des dezimalen Systems.
Die neue „Maaß- und Gewichtsordnung für den Norddeutschen Bund vom 17. August 1868“ umfasste sowohl die Längen, Flächen- und Körpermaße als auch die Gewichte. Sie führte die Einheiten Meter, Quadratmeter, Liter und Kilogramm im gesamten Bundesgebiet ein. Obwohl das Gesetz erst mit dem 1. Januar 1872 in Kraft treten sollte, war die Benutzung der neuen Einheiten schon ab dem 1. Januar 1870 gestattet. Da „[z]um Zumessen und Zuwägen im öffentlichen Verkehr“ nur gesetzlich geprüfte Maße, Gewichte und Waagen genutzt werden durften, wurden zwecks Überprüfung spezielle Eichungsämter eingerichtet. Ihr Aufgabenbereich wurde in der „Eichordnung für den Norddeutschen Bund vom 16. Juli 1869“ genauer definiert. Als ihr gemeinsames Stempelzeichen wurde ein gewundenes Band mit der Inschrift N.D.B. bestimmt, das sich auch auf dem hier gezeigten Messbecher findet.
Erst mit der „Aichordnung für das Deutsche Reich vom 27. Dezember 1884“ wurden die drei Buchstaben durch das Kürzel „D.R.“ für Deutsches Reich ersetzt. Zwecks genauer Zuordnung der Eichstempel wurde über dem Band eine Ordnungszahl angebracht, welche für die jeweilige übergeordnete Eichaufsichtsbehörde stand, während eine weitere Zahl unterhalb des Bandes über die eigentlich handelnde Eichungsstelle Auskunft gab. Die Stempelung des Messbechers weist daher auf die Eichaufsichtsbehörde Dresden (Kennziffer 12) und das untergeordnete Gemeindeeichamt Löbau in Sachsen (Kennziffer 8) hin. Diese Zuordnung deckt sich mit dem Bodenstempel „WÖRNLEE / LÖBAU“, welcher Ernst Adolf Wörnlee (auch Woernle), Spross einer alteingesessenen Löbauer Zinngießer-Dynastie, als Hersteller identifiziert. Die beiden Eichmarken am Becherrand („50“ und „56“) könnten auf eine erneute Eichung in den 1950er-Jahren hinweisen. Der Umstand, dass der Messbecher überhaupt Eichstempel trägt, deutet auf seine wirtschaftliche Nutzung hin, etwa bei einem Händler oder im Gasthaus.
Dieses besondere Exponat wurde in der Sonderausstellung „1870/71. Reichsgründung in Versailles“ gezeigt, der Katalog ist im Online-Shop und in unseren Ausstellungshäusern in Friedrichsruh erhältlich.
Zuvor erschienen: Das besondere Exponat: Napoleon I., Kaiser der Franzosen und König von Italien

Königliche Kapelle des Schlosses Versailles. Kolorierter Stahlstich von Letitia Byrne (1779 – 1849), wohl nach einem Bild von Augustus Charles Pugin (1762 – 1832), Großbritannien, 1829, Papier (© Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: ZSg 2730)
Als letztes Bauprojekt des Schlossensembles in Versailles gab Ludwig XIV. (1638 – 1715) nicht zufällig eine Kirche in Auftrag. Der Sonnenkönig hatte in den Jahren zuvor versucht, im Sinne des Mottos „ein Gott, ein Glaube, ein König“ die konfessionelle – katholische – Einheit seines Landes wiederherzustellen. Daher hatte er am 18. Oktober 1685 das Edikt von Fontainebleau erlassen und damit die Religionsfreiheit der reformierten Protestanten („Hugenotten“) widerrufen.
Die Otto-von-Bismarck-Stiftung startet in ihr nächstes großes Projekt – die Sanierung des Bismarcks-Museums und seine Ausstattung mit einer modernen Ausstellung – mit neuer Unterstützung: Auf seiner Sitzung am 1. Juli hat das Kuratorium der Stiftung Johannes Kahrs (Hamburg) zu seinem neuen Vorsitzenden gewählt.
Der langjährige Bundestagsabgeordnete (1998 bis 2020) engagiert sich seit vielen Jahren für die Otto-von-Bismarck-Stiftung, seit 2014 als zunächst stellvertretendes Mitglied des Kuratoriums und seit 2020 als dessen Mitglied. Unterstützt wird er künftig von der stellvertretenden Kuratoriumsvorsitzenden Dr. Herlind Gundelach (Hamburg), die seit 2020 ihr Amt ausübt und auf dieser Sitzung bestätigt wurde. Sie war nach mehreren Stationen zuletzt von 2008 bis 2011 in Hamburg Senatorin für Wissenschaft und Forschung sowie seit 2010/11 außerdem Senatorin für Finanzen sowie für Stadtentwicklung und Umwelt.
Das Kuratorium wird vom Bundespräsidenten für die Dauer von fünf Jahren bestellt und beschließt über alle grundsätzlichen Aufgaben der Stiftung. Auf seiner Sitzung in der vergangenen Woche vervollständigte es außerdem den Vorstand. Neben dem Ende 2021 berufenen Vorsitzenden Norbert Brackmann sowie Vorstandsmitglied und Geschäftsführer Prof. Dr. Ulrich Lappenküper ist nun auch die schleswig-holsteinische Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack bestellt worden.
Das Team der Stiftung freut sich auf die Zusammenarbeit!

Dieses Schreiben vom 18. Februar 1836 erhielt Bismarck in Vorbereitung seiner Referendariatsprüfung.
Von der Entlassungsurkunde des Reichskanzlers bis zum Bierkrug werden im Friedrichsruher Bismarck-Archiv Zeugnisse aus dem Leben des preußisch-deutschen Staatsmannes aufbewahrt. Diese Sammlung wird nun durch ein umfangreiches Konvolut mit den Kopien wichtiger persönlicher wie dienstlicher Bismarck-Dokumente aus dem Archiv des Auswärtigen Amtes erweitert. Ermöglicht wird dies durch eine Schenkung aus dem Nachlass von Karl-Günther von Hase im Namen seiner fünf Töchter.
Von Hase war 1962 nach über zehnjähriger Tätigkeit im Auswärtigen Am zum Staatssekretär und Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung ernannt worden und diente dann als Regierungssprecher der Kabinette Adenauer, Erhard und Kiesinger. Nach weiteren beruflichen Stationen amtierte er von 1977 bis 1982 als Intendant des ZDF. Zur Erinnerung an seine Zeit im Auswärtigen Amt erhielt er im August 1964 eine Sammlung von Bismarck-Dokumenten, „gedacht als Mittel zur Erhaltung und Belebung der Tradition in der Behörde“, wie es im Begleitschreiben heißt. Im vorigen Jahr ist von Hase im Alter von 103 Jahren verstorben.
Zu den insgesamt 316 Seiten umfassenden Dokumenten gehört beispielsweise ein Schreiben des Regierungspräsidenten Graf von Arnim-Boitzenburg an den „Stadtgerichts Auscultator“ Otto von Bismarck vom 18. Februar 1836. Arnim-Boitzenburg teilt ihm darin auf dessen Gesuch hin zwei Themen mit, die er im Rahmen seiner Referendariatsprüfung schriftlich bearbeiten müsse. Die Einreichung der beiden Probearbeiten müsse bis zum 1. Juni mit der eidesstattlichen Versicherung erfolgen, dass Bismarck die Arbeiten selbst verfasst habe. Außerdem findet sich in dem Konvolut unter anderem ein Schreiben des Ministerpräsidenten Bismarck an den Amerikaner William Gale in Boston, in dem er auf dessen Bitte um Zustimmung, seinen Sohn Bismarck nennen zu dürfen, positiv reagiert. In einem anderen Schreiben, am 5. Mai 1882 an den Schweizer Bundespräsidenten Bavier gerichtet, lehnt Bismarck die Einladung zur Eröffnung der Gotthardbahn aus gesundheitlichen Gründen ab. Insgesamt ist diese Dokumentensammlung so zusammengestellt, dass sie einen spannenden Überblick über wichtige Lebensstationen Bismarcks bietet.
Preußens antipolnische Siedlungspolitik in den Jahren 1886 bis 1914 war das Thema des Vortrags, den Dr. Daniel Stienen (Bayerische Akademie der Wissenschaften) am 9. Juni im Historischen Bahnhof Friedrichsruh gehalten hat.

Schloss Grand Trianon im Park von Versailles. Kolorierter Stahlstich, George Gladwin, nach Thomas Talbot Bury (1809 – 1877), Großbritannien 1829, Papier (© Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: ZSg 2739)
Mit dem prachtvollen Ausbau von Schloss Versailles und dessen Erhebung zum Regierungssitz im Jahr 1682 setzte Ludwig XIV. seine Vorstellung vom Absolutismus nicht nur politisch, sondern auch baulich um. Damit schuf er aber auch einen Hofstaat, der einschließlich der Bediensteten etwa 10.000 Menschen umfasste – viel Ruhe war in dem Schloss mit seinen 1300 Zimmern nicht mehr zu erwarten. Also sorgte der Sonnenkönig dafür, dass das Hofzeremoniell nicht sein gesamtes Leben bestimmte, und ließ im Schlosspark eine Maison de Plaisance – ein Lustschloss – bauen, das Grand Trianon.
Welche Gestaltungspotenziale bot der Föderalismus bei der (Neu-)Gestaltung der staatlichen Ordnung im Deutschland des 19. Jahrhunderts? Auf Einladung der Otto-von-Bismarck-Stiftung lotete Prof. Dr. Dieter Langewiesche (Universität Tübingen) in seinem Vortrag „Das Reich als Föderativnation“ im Historischen Bahnhof Friedrichsruh die historischen Möglichkeiten aus und stellte dabei die Umbrüche von 1815, 1848 und 1866/67 in den Mittelpunkt seiner Analyse.

Pistole, Metall/Nussbaum; Tatwaffe vom 13. Juli 1874 (© Otto-von-Bismarck-Stiftung / Fotograf: Jürgen Hollweg)
Der Attentäter zielte gut, aber die Kugel verfehlte dennoch den Kopf seines Opfers. Otto von Bismarck hatte gerade die Hand zum Gruß in Richtung einer neugierigen Menschentraube erhoben, die an diesem 13. Juli 1874 in Kissingen vor seiner Unterkunft wartete. Der Reichskanzler wollte sich in einer Kutsche zu den Kuranwendungen bringen lassen, als er sich mit einer freundlichen Geste zufällig selbst das Leben rettete. Der Attentäter Eduard Kullmann – ein katholischer Böttchergeselle, der am nächsten Tag 21 Jahre alt wurde – sah sich rasch von den Anhängern Bismarcks überwältigt und von der Polizei verhaftet.
Napoleon Bonaparte, aus korsischem Kleinadel stammend, trat mit zehn Jahren als Kadett in die königliche Armee ein. Aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten erhielt er mit 16 Jahren bereits das Patent als Artillerieoffizier. Die Französische Revolution begrüßte er, verurteilte zunächst jedoch die damit verbundenen gewalttätigen Ausschreitungen. Dennoch stellte er sich der neuen Regierung vorbehaltlos zur Verfügung.