Der Spiegelsaal im Schloss Versailles. Kolorierter Stahlstich von Charles Mottram (1807 – 1876), nach Frederick Mackenzie (1787 – 1854), Großbritannien, 1839, Papier (© Otto-von-Bismarck-Stiftung)

Der 73 Meter lange und knapp 11 Meter breite Spiegelsaal (Galerie des Glaces) im Mittelbau des Schlosses (Corps de Logis) gehört zu den größten und berühmtesten Räumen des Schlosses von Versailles. Er wurde zwischen 1678 und 1686 von Jules Hardouin-Mansart anstelle einer dem Schlosspark zugewandten Terrasse errichtet. Der Saal liegt zwischen dem Salon des Friedens und dem des Krieges und verband die Gemächer des Königs mit denen der Königin. Die drei Säle bilden eine Einheit, ihre künstlerische Ausgestaltung diente der Verherrlichung der militärischen Siege und politischen Erfolge Ludwigs XIV.

Weiterlesen

Aleksandr M. Gorčakov, Carte de Visite, Fotografie von Aristide & Cie (Bibliothèque national de France, gemeinfrei)

Pflegte Reichskanzler Otto von Bismarck besondere Beziehungen zu Russland? Diese Frage begleitet die Bismarck-Rezeption schon lange, hat aber angesichts des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine eine neue Virulenz gewonnen. Eine kenntnisreiche, auf historische Dokumente gestützte Analyse der Vergangenheit der deutsch-russischen Beziehungen kann maßgeblich zu ihrer Beantwortung beitragen, wie Prof. Dr. Horst Günther Linke (Universität Bonn) am Donnerstag bei seinem Vortrag mit dem Titel „Bismarcks russischer Gegenspieler – Fürst Aleksandr M. Gorčakov“ im Historischen Bahnhof Friedrichsruh aufzeigte.

Der Historiker hat in seinen jüngsten Publikationen Leben und Politik des russischen Kanzlers und Außenministers Fürst Aleksandr M. Gorčakov (1798 – 1883) und dessen Beziehungen zu Bismarck ausgeleuchtet, als Grundlage dienten auch die reichhaltigen Quellenbestände russischer Archive. Gorčakov war nicht nur über Jahrzehnte eine, wenn nicht die prägende Persönlichkeit der russischen Politik, sondern auch ein enger Bekannter Otto von Bismarcks. Ihr persönlicher Kontakt und brieflicher Austausch, in dem der eine den anderen auch blumig umschmeichelte, könnte tatsächlich den Eindruck erwecken, dass zwischen ihnen und damit ihren Ländern ein besonderes Verhältnis bestanden habe.

Weiterlesen

Anne Louise Germaine Baronin de Staël-Holstein (1766 – 1817), Punktierstich von Edward Scriven (1775 – 1841), nach François Pascal Simon Gérard (1770 – 1837), Großbritannien, 1835, Papier (Otto-von-Bismarck-Stiftung Friedrichsruh, Inventar-Nr.: ZSg 2760)

Auch wenn kriegerische Auseinandersetzungen insbesondere in der frühen Neuzeit Spuren im kollektiven historischen Gedächtnis von Deutschen und Franzosen hinterließen, führte dies noch nicht zu beiderseitigen Hassgefühlen. Eine jahrhundertealte „Erbfeindschaft“ zwischen beiden Völkern existierte bis dahin nicht. Erst mit der Entstehung einer nationalen Identität beiderseits des Rheins infolge der Französische Revolution und der Napoleonischen Kriege wurde der Nachbar zum potenziellen „Feind“. Dichter und Schriftsteller trugen mit ihren Schriften zum Abbau, aber auch zur Verbreitung der Feindbilder bei. Bis 1870 wechselten jedoch gegenseitige Gleichgültigkeit, Neugier und Bewunderung sowie Furcht und Feindschaft einander ab.

Anne Louise Germaine Baronin de Staël-Holstein („Madame de Staël“) war eine französische Schriftstellerin und Tochter des aus Genf stammenden Bankiers und Finanzministers Ludwigs XVI., Jacques Necker (1732 – 1804). Schon als Jugendliche interessierte sie sich für Literatur und Politik. Ihre liberale Einstellung machte sie zur Gegnerin Napoleons I. Zeitweise musste sie deswegen Frankreich verlassen. Sie unterhielt in Paris einen literarischen Salon und verfasste Romane und literaturtheoretische Schriften, veröffentlichte aber auch Werke mit politischem Inhalt.

Ihr bedeutendstes Werk, das zeitweise in Frankreich verbotene Buch „De l’Allemagne“ („Über Deutschland“), erschien 1813 in London in französischer Sprache und in einer englischen Übersetzung. Die Autorin verarbeitete darin die Erlebnisse während ihrer Deutschlandreisen 1803/04 und 1807/08. Sie schildert die Deutschen als begeisterte Anhänger von Literatur, Musik und Philosophie, aber auch als ein politisch rückständiges Volk. Innerhalb weniger Wochen nach Erscheinen wurden rund 70.000 Exemplare des Werks verkauft. Das gelobte, aber auch geschmähte Buch machte deutsche Literatur und Lebensart nicht nur in Frankreich, sondern in ganz Europa einem größeren Publikum bekannt. Germaine de Staël starb 51-jährig an den Folgen eines Schlaganfalls.


Dieses besondere Exponat wurde in der Sonderausstellung „1870/71. Reichsgründung in Versailles“ gezeigt, der Katalog ist in unserem Online-Shop und in unseren Ausstellungshäusern in Friedrichsruh erhältlich.

Zuvor erschienen: Das besondere Exponat: Das besondere Exponat: Ghosts at Versailles

 

„Dem deutschen Heere“, Seite 1 und 2. Diese handschriftliche Fassung sandte Richard Wagner 1871 an Otto von Bismarck. (© Otto-von-Bismarck-Stiftung)

Otto von Bismarck war dem Musikgenuss keineswegs abgeneigt, aber er war kein Bewunderer Richard Wagners. Ihn erfreuten das Klavierspiel seiner Frau Johanna und die Konzertabende, zu denen bekannte Musiker oder Sänger ins eigene Haus eingeladen wurden. Dennoch befindet sich in seinem Nachlass ein handgeschriebenes Gedicht, das der damals aufstrebende Komponist Ende Januar 1871 – eine Woche nach der Kaiserproklamation in Versailles – schrieb und ihm sandte. „Dem deutschen Heere“, so der Titel, wird seit vergangener Woche als Leihgabe in der Ausstellung „Richard Wagner und das deutsche Gefühl“ gezeigt. Sie ist bis zum 11. September 2022 im Deutschen Historischen Museum Berlin (DHM) zu sehen.

Weiterlesen

Schloss Versailles, Königshof. Kolorierter Stahlstich von Elizabeth Byrne (1777 – 1849), nach einer Vorlage von Thomas Talbot Bury (1809-1877), Großbritannien, 1829, Papier (© Otto-von-Bismarck-Stiftung)

Die Kleider der Spaziergängerinnen verraten, dass dieser Stich das Schloss Versailles einige Jahrzehnte nach dem Ende der absolutistischen Monarchie in Frankreich zeigt. Nach der Revolution 1789 wurde das Gebäudeensemble zunächst nur noch notdürftig erhalten und diente, wie diese Darstellung veranschaulicht, dem Bürgertum als Ausflugsziel.

Weiterlesen

Auf Einladung der Otto-von-Bismarck-Stiftung hat Prof. Dr. Carlo Masala (Universität der Bundeswehr München) am 29. März 2022 den diesjährigen „Hamburger Bismarck-Vortrag“ gehalten. Der Politikwissenschaftler ordnete dabei den aktuellen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine in langfristige Entwicklungen der globalen internationalen Ordnung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein.

Ghosts at Versailles, Karikatur von Bernard Partridge (1861 – 1945), erschienen in: The Punch, Großbritannien, 7. Mai 1919 (Druck, © Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: ZSg 2757)

An der Pariser Friedenskonferenz, die am 18. Januar 1919, genau 48 Jahre nach der Kaiserproklamation von 1871, eröffnet wurde, nahmen die Siegermächte des Ersten Weltkrieges teil. Bis Ende Mai arbeitete eine interalliierte Vorkonferenz die Friedensbedingungen ohne die Beteiligung der unterlegenen Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn aus. Erst danach wurden die Bedingungen den Mittelmächten und deren Nachfolgestaaten vorgelegt. Die folgenden Verhandlungen verliefen kurz und zumeist schriftlich.

Die englische Satirezeitung The Punch veröffentlichte am 7. Mai 1919, also noch während der internen Verhandlungen der Alliierten, eine Karikatur, die Kaiser Wilhelm II. am Schreibtisch sitzend zeigt. Er trägt eine preußische Uniform und eine Pickelhaube, um ihn in den Augen der Leser eindeutig als deutschen Militär zu identifizieren. Widerwillig muss er mit einer Feder seine Unterschrift unter ein Dokument mit der Aufschrift „Peace Terms 1919“ setzen. Der Spiegelsaal des Versailler Schlosses wird durch die hohen Glasfenster symbolisch dargestellt.

Im Hintergrund erscheinen schemenhaft – als Geister dargestellt – drei Herren, die 48 Jahren zuvor ebenfalls im Spiegelsaal standen: General Helmuth von Moltke (d. Ältere), Reichskanzler Otto von Bismarck und in der Mitte Kaiser Wilhelm I. Die Kaiserproklamation von 1871 – die Zahl wird ebenfalls schemenhaft zur Verdeutlichung der Aussage über den Köpfen dargestellt – wird somit in direktem Zusammenhang mit dem neuerlichen Ereignis in Versailles gebracht.

Weiterlesen

In seinem Vortrag über „Denken und Wirken Houston Stewart Chamberlains im deutschen Kaiserreich“ am vergangenen Donnerstag im Historischen Bahnhof Friedrichsruh leuchtete der Historiker Dr. Sven Fritz eine dunkle Seite des Kaiserreichs aus: Chamberlain avancierte 1899 mit seiner Publikation „Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts“ zu einem einflussreichen Vordenker des modernen, rassisch begründeten Antisemitismus. Dr. Fritz skizzierte Lebenslauf, Weltanschauung und Wirken dieses Publizisten und veranschaulichte damit den Einfluss, den seine Aussagen auf die Öffentlichkeit ausübten.

Weiterlesen

Der Hof Ludwigs XV. beim Spiel in Schloss Versailles. Kolorierter Stahlstich von James Baylis Allen, nach Charles Aubry, Großbritannien, 1839, Papier (Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: ZSg 2733)

Betrug, Diebstahl, Gotteslästerung – die absolutistischen Herrscher Frankreichs verboten das Glücksspiel, drohte es doch ihrer Ansicht nach die soziale Ordnung zu gefährden. Allerdings gab es eine aufsehenerregende gesetzliche Ausnahme: Alle Glücksspiele, die durch die königlichen Verordnungen untersagt waren, wurden am eigenen Hofe ungestraft gespielt.

Weiterlesen

Zusam[m]enkunft der National-Versammlung im Ballspielhause zu Versailles den 19. Jun. 1789, Kupferstich von Paul Jakob Laminit (1773 – 1831), Deutschland, 1794, Papier (Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: ZSg 2738)

In loser Folge stellen wir ausgewählte Darstellungen und Objekte aus dem Katalog der Sonderausstellung „1870/71. Reichsgründung in Versailles“ vor:

Am 5. Mai 1789 erfolgte die Einberufung der Generalstände durch König Ludwig XVI. im Großen Saal des Hôtel des Menus Plaisirs du Roi, einem Verwaltungsgebäude des königlichen Hofes in Versailles. Bei den Generalständen handelte es sich um eine Versammlung von rund 1.200 gewählten Vertretern aus Adel, Geistlichkeit und Bürgertum. Die Generalstände sollten Steuerreformen genehmigen. Stattdessen legten sie dem König einen Katalog mit Wünschen und Beschwerden vor.

Weiterlesen