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Geschrieben von Dr. Ulf Morgenstern am Dienstag, den 25. August 2015 um 12:26 Uhr

In den 1880er Jahren rechneten die Großmächte Europas mit dem Staatsbankrott einiger Südstaaten. Unter ihnen befand sich auch Spanien, das noch über einen großen Kolonialbesitz verfügte. Auch in Berlin hatte man die Staatsfinanzen Madrids im Auge und wäre bereit gewesen, sich bei Gelegenheit ein Stück vom spanischen Kuchen abzuschneiden. Von den Kolonien wohlgemerkt, nicht vom europäischen Kernland. Und zu dem zählten  seit dem Mittelalter auch die Balearen.

Für Bismarck wäre es also unvorstellbar gewesen, dass sich auf Mallorca einmal Zehntausende Deutsche gleichzeitig befinden und manche von ihnen immer wieder einmal seinen Namen aussprechen würden. Heute ist das so, wenn auch gänzlich anders als im 19. Jahrhundert vorstellbar. Eine Bildeinsendung zeigt, dass man auf der Schinkenstraße an der Playa de Palma im Restaurant Bamboleo zum Kaltgetränk einen „Bismarck H. Matjes“ für 2,90 Euro bestellen kann. Etwas merkwürdig ist die Fischeinlage des Brötchens schon, denn ein Bismarck-Hering ist kein Matjes. Aber wen stören solchen Petitessen, wenn er fern der Heimat eine bekannte, herzhafte Speise zum kleinen Preis angepriesen bekommt? Wir sagen: Wohl bekomm’s!

Geschrieben von Dr. Ulf Morgenstern am Mittwoch, den 12. August 2015 um 08:41 Uhr

Veranstaltet von der Otto-von-Bismarck-Stiftung (Friedrichsruh) gemeinsam mit dem Institut für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften (Universität Münster),dem Europäischen Institut für interkulturelle und interreligiöse Forschung (Triesen/Liechtenstein) und der Evangelische Akademie Frankfurt am Main

Entgegen einer langlebigen Legende war der „Kulturkampf“ genannte Konflikt zwischen Staat und Kirche weder auf Preußen noch auf die 1870er/1880er Jahre beschränkt. Er begann vielmehr bereits im Vormärz und reichte in einigen europäischen Ländern bis weit ins 20. Jahrhundert. Das Massaker von Srebrenica 1995 und die Attentate islamistischer Terroristen in Paris und Brüssel 2014/15 werfen die Frage auf, ob das „Zeitalter der Kulturkämpfe“ (Manuel Borutta) tatsächlich beendet ist.

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Geschrieben von Dr. Ulf Morgenstern am Dienstag, den 11. August 2015 um 09:57 Uhr

In Waren an der Müritz verläuft östlich des Stadtzentrums, direkt am Ufer die Gerhart-Hauptmann-Allee. Eine der besten Adressen an Deutschlands größtem Binnensee, spontan zählt der Vorbeikommende seine Enkel und singt den Refrain von Peter Fox 2008er Sommerhit „Haus am See“.

In Sommerlaune habe ich dort Ende Juli ein Haus entdeckt, dessen Name die Gedanken von Cocktails und Cricket auf dem Rasen direkt zur einstigen nationalistischen Heldenverehrung lenkten. Die Ursache dieses assoziativen Themenwechsels waren die Jahreszahl „1912“ und 13 braune Frakturbuchstaben: „Friedrichsruh“.

Der Name spricht unmissverständlich für eine Nähe des einstigen Besitzers zum 14 Jahre zuvor verstorbenen Reichsgründer Bismarck. Ob das Haus wohl zu DDR-Zeiten auch so hieß? Ein Ortsname war möglicherweise unverdächtig, die einstige Kanzler-Konnotation war vielleicht in der Mecklenburgischen Weite vergessen. Deutlich sichtbar wurde der Schriftzug wahrscheinlich erst nach der Sanierung der Villa vor einigen Jahren. Die meisten Einheimischen und Müritztouristen dürften über ihn hinweg lesen und nicht an den einst mythisch verehrten Bismarck und dessen letzten Wohnort denken.

Durch meine déformation professionelle als Historiker beschlich mich aber sofort ein merkwürdiges Gefühl. Denn schließlich hatte ich auf meiner Radtour schon wenige hundert Meter zuvor eine massive Portion Kaiserreich verabreicht bekommen, und zwar aus dem Bereich der Kolonialgeschichte. Ist das südliche Mecklenburg also ein Hort positivistischer Erinnerungen an das 19. Jahrhundert? Eher nicht, weitere Kaiserreich-Reminiszenzen im öffentlichen Raum blieben auf der Umrundung der Müritz aus. Abgesehen von allgegenwärtigen Bismarck-Brötchen natürlich, überall neutralisiert zwischen Lachs, Saibling und Aal.