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Geschrieben von Dr. Ulf Morgenstern am Dienstag, den 19. Mai 2015 um 10:08 Uhr
Eine der wichtigsten Botschaften der Otto-von-Bismarck-Stiftung ist die von der doppelten Historisierung Bismarcks. Landauf, landab werden wir nicht müde, die noch immer anzutreffenden Befürchtungen auszuräumen, wir strickten noch weiter am Mythos vom Reichseiniger und Eisernen Kanzler, vom Ehrlichen Makler und weltabgewandten Landjunker. Der Bismarck-Mythos, zu dem diese Bilder gehören, hatte sich seit den 1890er Jahren zwischen den historischen Bismarck und seine Rezeption in der Gegenwart gestellt. In vielen Köpfen spukt der verklärte Staatsmann noch immer herum, weshalb wir immer wieder postulieren: Schluss damit! Beide sind historisiert, der echte Bismarck und der Mythos um ihn. Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich und am Ende in aller Regel überrascht positiv, wenn klar wird, dass wir mit historisch-kritischer Distanz zwei Bismarcks untersuchen: denjenigen, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 200. Mal jährt. Und denjenigen, der, durchaus noch mit Bismarcks eigenem Zutun, in nationalkonservativer Absicht aus ihm gemacht wurde.
Selten bekommt man bei dieser Argumentation eine so wirkungsvolle Unterstützung wie seit gestern in Hamburg. Dort haben österreichische Künstler, ausgerechnet ;-), dem größten Bismarckdenkmal zwischen Nord- und Südpol Hörner aufgesetzt. Aus Anlass des Hamburger Architektur-Sommers stellten sie dem grimmigen Roland einen überdimensionalen Steinbock auf den Kopf. Weithin sichtbar scheint er das Denkmal erstiegen zu haben und schaut keck von der Stirn Bismarcks hinab – bereit zum Sprung nach St. Pauli. Ironischer kann der Bismarck-Mythos kaum gebrochen werden. Bismarck scheint das nicht zu stören, er wird es geduldig ertragen. Obwohl, Achtung Kalauer von Gabriele Wurl, Bismarck war Widder, nicht Steinbock! Wer hier nun Verhohnepiepelung, Frevel und Respektlosigkeit am Werke sieht, dem sei noch einmal kurz gesagt: Es gibt zwei Bismarcks. Den echten und den zum Mythos erhobenen Reichsgründer. Der Echte wird durch die unsäglichen Graffiti am Fuss des Denkmals besudelt. Auf Letzterem steht bis in den Juli ein alpiner Paarhufer.
Erste Bilder liefert die Presse.
Unser Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:SteinbockGabinten.jpg
Geschrieben von Schönhausen am Dienstag, den 19. Mai 2015 um 08:48 Uhr
Vom 19. April bis zum 5. September 2015 wird im Bundesrat in Berlin aus Anlass des 200. Geburtstags Otto von Bismarcks die Ausstellung
„Bismarcks Reichstag: Das Parlament in der Leipziger Straße, fotografiert von Julius Braatz“
gezeigt. Es handelt sich dabei um eine Ausstellung der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e.V., die von Dr. Andreas Biefang konzipiert wurde. Sie befindet sich mittlerweile als Dauerleihgabe bei der Otto-von-Bismarck-Stiftung Schönhausen und wurde von ihr dem Bundesrat für die derzeitige Sonderschau zur Verfügung gestellt, ergänzt um eine Medienstation mit den früheren Wandtexten der Ausstellung sowie einen einführenden Filmbeitrag.
Präsentiert wird eine Auswahl historischer Fotografien aus dem Gebäude in der Leipziger Straße 4, das von 1871 bis 1894 als Tagungsort des Reichstags diente: Im April und Mai 1889 hatte der Berliner „Hof-Photograph“ Julius Braatz, ein Pionier des Mediums Fotografie, mit seiner schweren Plattenkamera die parlamentarischen Institutionen der Parteien, die Fraktionen und Gruppierungen sowie den Parlamentsalltag dokumentiert.
Das Auffinden der Serie kommt einer parlaments- und fotohistorischen Sensation gleich: Als die vermutlich frühesten Reportage-ähnlichen Lichtbilder aus einem Parlament überhaupt geben die Fotografien von Julius Braatz den Blick frei auf die politische Bühne des Kaiserreichs und ihre Akteure. Die einzigartige Quelle zur Parlamentskultur dieser Zeit lädt zu einer Entdeckungsreise in die Vergangenheit ein – und zwar am historischen Ort, im dort später errichteten Neubau des preußischen Herrenhauses, in dem nunmehr der Bundesrat seinen Sitz hat.
Aus konservatorischen Gründen werden die hochempfindlichen Fotografien im Doppelkabinettformat in einer werkgetreuen Wiedergabe gezeigt. Die von Hand gefertigten Abzüge auf Barytpapier vermitteln in der fotokünstlerischen Bearbeitung von Ulrich Tillmann (Köln) eine farbliche Anmutung des glänzenden, mit einem Schutzfilm überzogenen Albuminpapiers der kostbaren Originale, deren Bedeutung für Geschichte und Ikonografie des Parlaments in der Leipziger Straße 4 Andreas Biefang entschlüsselt hat.
Zur Ausstellung ist in der Otto-von-Bismarck-Stiftung Schönhausen ein Begleitband erhältlich:
Andreas Biefang, Bismarcks Reichstag. Das Parlament in der Leipziger Straße. Fotografiert von Julius Braatz. Düsseldorf 2002, 320 S., 192 Abb., 10,90 €
Der Besucherdienst des Bundesrats bietet Führungen durch die Ausstellung an. Die Termine sind zu finden unter www.bundesrat.de
Geschrieben von Christian Wachter am Samstag, den 09. Mai 2015 um 09:03 Uh
Nein, Titel dieses Artikels soll keine Reminiszenz an nationalistisch übersteigerte Begeisterung für den Fußball sein. Und mit „Bismark“ liegt ebenso wenig ein Rechtschreibfehler vor, denn gemeint ist der brasilianische Spieler Bismark de Araújo Ferreira.
Der 21-jährige Angreifer ist maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass sein im Norden Brasiliens heimisches Team Clube do Remo erst kürzlich den Zweifachtitel aus Meisterschaft des Bundesstaates Pará und des Pokals von Pará perfekt gemacht hat. Dabei ist „Bismark“ keiner der bei brasilianischen Spieler so üblichen Künstlernamen, sondern sein Vorname. Ob besondere Gründe dafür vorliegen, dass sich die Eltern des Goalgetters dazu entschlossen haben, ausgerechnet diesen, eindeutig auf den ersten deutschen Reichskanzler zurückgehenden Namen auszusuchen, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden.
Feststeht allerdings, dass hier kein Einzelfall vorliegt. In einem weiteren Online-Artikel hat die Otto-von-Bismarck-Stiftung bereits auf den ehemaligen Fußball-Star Bismarck Barreto Faria des Clubs Vasco da Gama aus Rio de Janeiro hingewiesen. Dem kundigen Beobachter und der kundigen Beobachterin kann das auch wenig verwundern, tritt der Name „Bismarck“ – in Schreibweisen mit oder ohne „c“ – vor allem im Süden des Landes nicht selten auf. Die deutsche Einwanderung im 19. Jahrhundert hat hier neben dem weltweit zweitgrößten Oktoberfest im beschaulichen Blumenau eben auch bei der Vergabe von Vornamen ihre Spuren hinterlassen. Dass der Name „Bismarck“ in vielfacher Hinsicht auch in der spanischsprachigen Welt zu finden ist, darauf haben wir bereits in folgendem Artikel hingewiesen.
Auch wenn bei uns in Deutschland die Vergabe eines solchen Vornamens auf den ersten Blick als skurril erscheinen mag, zeigt sich in puncto Benennungen eine Gemeinsamkeit mit dem südamerikanischen Kontinent: Auch hier finden sich eine Reihe von Straßen und anderen Orten mit Namensbezug zum „Eisernen Kanzler“, etwa die „Rua Bismarck“ im brasilianischen Fortaleza, die Straße „Bismark“ im argentinischen Buenos Aires oder in Santiago de Chile die Straße „Bismarck“. Aber schauen Sie selbst gerne auf unserer Weltkarte nach, hier geht es zum Projekt BISMARCKIERUNG.
Bilder-Quelle: www.clubedoremo.com.br