Verantwortung und Erinnerung – Veranstaltungen im ersten Halbjahr 2024
Mit den Vortragsveranstaltungen im ersten Halbjahr 2024 werden Themen aufgegriffen, die Vergangenheit und Gegenwart wiederholt mit der Verantwortung verbinden, die die Gesellschaft für politische Entwicklungen trägt.
Der Historiker Friedrich Meinecke erlebte das Kaiserreich und den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die NS-Diktatur und den Zweiten Weltkrieg. Als einer der ersten namhaften Intellektuellen diskutierte er 1946 in seinem Buch „Die deutsche Katastrophe“ die Rolle des Bürgertums und des übersteigerten Nationalismus beim Aufstieg des Nationalsozialismus. Seine Analyse steht im Mittelpunkt des Festvortrags, den Prof. Dr. Jens Flemming (Universität Kassel) am 12. Januar (19 Uhr) auf dem Neujahrsempfang hält. Dazu lädt die Otto-von-Bismarck-Stiftung in guter Tradition zusammen mit ihrem Förderverein in den Historischen Bahnhof Friedrichsruh ein. Für das gesellige Zusammensein im Anschluss an den Vortrag werden die Räume der Dauerausstellung geöffnet.
Der gegenwärtige Zustand der deutschen Gesellschaft, ihre Diskussionskultur und das (Un-)Vermögen, mit der Meinungsvielfalt im Sinne eines demokratisch fundierten Miteinanders umzugehen, stehen im Mittelpunkt des Hamburger Bismarck-Vortrags, für den Prof. Dr. Sophie Schönberger (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) zugesagt hat. Die Veranstaltung unter dem Titel „Zumutung Demokratie“ findet am 11. April (19 Uhr) im Warburg-Haus, Hamburg, statt.
Im Kaiserreich setzte sich angesichts rasanter wirtschaftlicher Umbrüche in Teilen von Staat und Gesellschaft die Annahme durch, dass ein friedliches Miteinander und damit auch eine gewisse Zustimmung zum politischen System wesentlich von den Lebensbedingungen und einem gewissen Maß an sozialer Gerechtigkeit abhängen. Reichskanzler Otto von Bismarck versuchte daher, durch eine damals völlig neue Sozialgesetzgebung den Einfluss der regimekritischen Sozialdemokratie zurückzudrängen und die Arbeiter zu Kaisertreuen zu machen. Ideengeber für dieses Vorgehen war unter anderem sein zeitweiliger innenpolitischer Berater Hermann Wagener, der sich für innovative Sozialreformen einsetzte. Dr. Christopher Peter (Berlin) stellt in seinem Vortrag am 25. April den streitbaren und umstrittenen Konservativen vor.
In der Nach-Bismarck-Ära sollte Preußen, der größte Bundesstaat des Deutschen Reichs, einen weiteren entscheidenden Schritt in Richtung einer ansatzweisen Angleichung der Lebensverhältnisse gehen: 1891 wurde eine progressive Einkommenssteuer eingeführt. Den Zusammenhang zwischen der Steuergesetzgebung und der sozialen Gerechtigkeit im Kaiserreich diskutiert Prof. Dr. Marc Buggeln (Europa-Universität Flensburg) in seinem Vortrag am 1. Februar.
Die Teilhabe an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft war nicht nur eine soziale, sondern auch eine rechtliche Frage, wie in dem Vortrag von Prof. Dr. Joachim Radkau (Universität Bielefeld) am 23. Mai deutlich wird. Er porträtiert Malwida von Meysenbug, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzte und mit ihren „Memoiren einer Idealistin“ vielen Frauen Mut machte, selbstbestimmt zu leben.
Inwieweit ist das Kaiserreich den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ansprüchen seiner Zeit gerecht geworden? Die Antwort ändert sich mit dem Forschungsstand, wie Prof. Dr. Torsten Riotte (Universität Frankfurt am Main) in seinem Vortrag über Brüche und Kontinuitäten in der Vermittlung des Kaiserreichs am 22. Februar aufzeigt.
Im letzten Vortrag des Halbjahres zieht dann Prof. Dr. Manfred Hettling (Universität Halle) eine – vorläufige – Bilanz der Erinnerung an die Revolution 1848/49 im Gedenkjahr: Welche historischen Fakten sind mit der ausschließlich positiven Deutung aus dem Blick geraten?
Zum Programm des Halbjahres gehören wieder öffentliche Führungen durch die Dauerausstellung „Otto von Bismarck und seine Zeit“ im Historischen Bahnhof Friedrichsruh und das Bismarck-Museum, die Termine sind im Veranstaltungskalender veröffentlicht.
Alle Vorträge finden, soweit es nicht anders angegeben ist, im Historischen Bahnhof Friedrichsruh statt, Beginn jeweils um 19.30 Uhr. Es wird um Anmeldung gebeten, telefonisch unter 04104/97710 oder per E-Mail an info@bismarck-stiftung.de. Der Eintritt zu den Vorträgen sowie zu den öffentlichen Führungen ist frei.