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Silvester im Hause Bismarck mit Marie (mittlere Dame am Tisch), ihrer Mutter Johanna (rechts von ihr) und Schwägerin Marguerite (schräg hinter Otto von Bismarck stehend), Fotografie von Karl Hahn, Friedrichsruh, 31. Dezember 1891 (© Otto-von-Bismarck-Stiftung)

In der geschichtswissenschaftlichen Forschung spielen die Frauen aus dem familiären Umfeld eines Politikers zumeist keine Rolle. Dr. Andrea Hopp (Otto-von-Bismarck-Stiftung Schönhausen) schließt mit ihrem Buch „Im Schatten des Staatsmannes“ diese Lücke beispielhaft mit den Biografien von Johanna, Marie und Marguerite von Bismarck. Die Ehefrau Otto von Bismarcks, seine Tochter und seine Schwiegertochter gehören drei aufeinander folgenden Generationen an und zeigen sich dennoch in ihren Briefen und überlieferten Gesprächen durch eine grundsätzliche Lebenseinstellung miteinander verbunden.

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Mit historischem Lokalkolorit ist die Otto-von-Bismarck-Stiftung in die Veranstaltungen der zweiten Jahreshälfte gestartet. Zum Auftakt blickte Dr. Ulf Morgenstern, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Hause, 100 Jahre zurück und zeigte bei seinem sehr gut besuchten Vortrag auf, wie hier in Friedrichsruh 1918/19 über Revolution und Republik gedacht wurde.

Nach ihrer Heirat mit Herbert von Bismarck identifiziert sich Marguerite völlig mit den politischen Anliegen ihres Schwiegervaters. Foto: Ihre Büste im Bismarck-Museum Friedrichsruh.

„Wir sind auf alle Fälle ruiniert“, schrieb Marguerite, die verwitwete Schwiegertochter Otto von Bismarcks, am 6. November 1918 an ihre Mutter. Wie fest sie auf diesem Standpunkt mit Blick auf das Ende des Kaiserreichs stand, zeigt ihre umfangreiche Korrespondenz jener Jahre, die Morgenstern erstmals ausgewertet hat. Die Hausherrin, die nach dem Tod ihres Manns 1904 als Kopf der Familie für knapp zwei Jahrzehnte die Verwalterin und Gestalterin des Bismarck-Erbes war, fürchtete in diesen Wochen des Umbruchs, durch „Sozialisierung“ Grundbesitz und Vermögen zu verlieren, und stand der Demokratie denkbar fern. „Ihr Urteil über die Weimarer Republik wurzelte in der Gedankenwelt ihres Schwiegervaters zur Mitte des 19. Jahrhunderts“, so die Einschätzung des Referenten. Dabei blieb es nicht allein bei brieflichen Klagen: Im Juni 1919 begrüßte Marguerite von Bismarck eine Symbolfigur der kaiserlichen Kolonialpolitik, ihren entfernten Verwandten Paul von Lettow-Vorbeck1, in Friedrichsruh. Er war mit einem Freiwilligenkorps von Reichswehrminister Gustav Noske nach Hamburg beordert worden, um einen Hungeraufstand niederzuschlagen, über den Marguerite von Bismarck in ihr Friedrichsruher Tagebuch schrieb: „In Hamburg sollen grosse Unruhen sein wegen Lebensmittelfälschungen, eine Fabrik hat Ratten verarbeitet.“ Ihren Briefkopf ergänzte sie in jenen Tagen sofort um „Großes Hauptquartier“.

Insgesamt falle auf, so Morgenstern, dass unter dem Eindruck der drohenden Enteignung und des Verlusts des gesellschaftlichen Status in den intimen Familienbriefen in Bezug auf die revolutionäre Linke ohne Rücksicht auf adlige Etikette erstaunlich schroff gesprochen wurde. Die Briefe sind unmittelbare Dokumente der Zukunftsängste jener monarchischen und politisch rechts stehenden Kreise, die nur schwer in die Weimarer Republik fanden.

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