Neujahrsempfang in Verbindung mit dem Verein zur Förderung der Otto-von-Bismarck-Stiftung e.V. mit einem Vortrag von Prof. Dr. Jens Flemming (Universität Kassel).
Zweierlei Niederlagen. Friedrich Meinecke und die ‚deutschen Katastrophen‘ von 1918 und 1945
Friedrich Meinecke war nicht der Einzige, der sich nach dem Zusammenbruch der NS-Diktatur zu Wort meldete, aber er war der erste Historiker von Rang, der den Versuch unternahm, die Ursachen der 1945 offenbar gewordenen „Katastrophe“ zu erklären.
In dem Buch „Die deutsche Katastrophe“ zieht er eine Bilanz von einhundertfünfzig Jahren deutscher Geschichte. Es ist eine Art Rechenschaftsbericht, gepaart mit Elementen der Selbstreflexion. Zugleich ist es eine Ermutigungs- und Ertüchtigungsschrift, die Trost und Zuversicht spenden will.
Auffallend ist zweierlei: Zum einen der konzeptionelle Rückgriff auf Beiträge, die Meinecke bereits nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg publiziert hatte. Dies bezeugt ein hohes Maß an argumentativer und methodischer Kontinuität im publizistischen Schaffen des Autors. Zum andern verfolgt die weit ausgreifende Betrachtung das Ziel, bestimmte Kontinuitäten in der preußisch deutschen Geschichte nachzuzeichnen, die der Machtergreifung des Nationalsozialismus die Wege geebnet haben.
Bei aller Kritik ist Meinecke bestrebt, inmitten des Zusammenbruchs von 1945 zentrale kulturelle Werte und Traditionen der preußisch-deutschen Vergangenheit nicht zu opfern, sondern für Gegenwart und Zukunft zu bewahren. Wenngleich in anderer Konstellation, ähnelte das Verfahren dem, was Meinecke bereits aus Anlass der Niederlage von 1918 publiziert hatte. Diese Zusammenhänge ins Gedächtnis zu rufen, ist die Absicht des Vortrags von Prof. Dr. Jens Flemming.
Jüngste Publikation des Referenten:
Jens Flemming
Arbeit am Geist der Zeit: Journalisten, Schriftsteller, Professoren. Zur geistig-politischen Physiognomie Deutschlands zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik
Berlin 2021
Abb.: Friedrich Meinecke (© Deutsche Fotothek) / „Die Deutsche Katastrophe, Titelblatt der Erstausgabe, 1946
Ihre Anmeldung nehmen wir gerne ab dem 18. Dezember telefonisch unter der Nummer 04104 / 97710 oder per E-Mail an info@bismarck-stiftung.de entgegen. Der Eintritt ist frei.