Kalenderblatt: Der Hof Ludwigs XV. beim Spiel in Schloss Versailles

Der Hof Ludwigs XV. beim Spiel in Schloss Versailles. Kolorierter Stahlstich von James Baylis Allen, nach Charles Aubry, Großbritannien, 1839, Papier (Otto-von-Bismarck-Stiftung, Inventar-Nr.: ZSg 2733)

Betrug, Diebstahl, Gotteslästerung – die absolutistischen Herrscher Frankreichs verboten das Glücksspiel, drohte es doch ihrer Ansicht nach die soziale Ordnung zu gefährden. Allerdings gab es eine aufsehenerregende gesetzliche Ausnahme: Alle Glücksspiele, die durch die königlichen Verordnungen untersagt waren, wurden am eigenen Hofe ungestraft gespielt.

Der Stahlstich, der den Hof Ludwigs XV. beim Kartenspiel in Schloss Versailles zeigt, vermittelt einen Eindruck von der Größe dieser gesellschaftlichen Ereignisse, schließlich umfasste der Hofstaat einschließlich der Bediensteten insgesamt rund 20.000 Personen. Eine Teilnahme an den beliebten Glücksspielen konnte allerdings schnell zur teuren Angelegenheit werden, denn es wurde – gemäß der jeweils eigenen gesellschaftlichen Stellung – um hohe Geldbeträge gespielt.

Ludwig XV. ließ sich an gewöhnlichen Abenden nicht in diesen Runden sehen. Sein Spiel fand meist bei den kleinen Soupers oder Soupers des Cabinets statt, die seit den 1720er-Jahren eingeführt wurden. Wie der Historiker Thibault Billoir bei Archivrecherchen herausgefunden hat, speiste und spielte der König mit den Personen, die er ausdrücklich ernannt hatte. Nur bei großen königlichen Festen nahm er in aller Öffentlichkeit am Glücksspiel teil.

Auch seine Frau, Königin Maria Leszczyńska, hatte eine ausgeprägte Vorliebe für Spiele. Sie etablierte sogar ein neues höfisches Ritual, wie Billoir berichtet, das sich bis zum Ausbruch der Revolution erhalten sollte: Sie spielte mit ihrem Gefolge südlich des Spiegelsaals im Salon de la Paix, den sie entsprechend möblieren ließ. Das königliche Spiel diente nicht nur der Unterhaltung, so die Schlussfolgerung des Historikers, sondern bot den Beteiligten durch das Zusammensein die Möglichkeit, Königin und König „den Hof zu machen“, also um ihre Gunst zu werben.

Quelle für diesen Beitrag:

Thibault Billoir
Jeu du roi et jeu de la reine aux XVIIe et XVIIIe siècles. Du délassement personnel à la cérémonie de cour
Paris 2010


zuvor erschienen: Kalenderblatt: Blick auf das Schloss Versailles und einen Teil der Stadt vom Gemüsegarten aus