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Das Gutshaus in Varzin, Gartenansicht, Fotografie von 1898 (Fotoalbum Varzin, Nachlass Otto von Bismarck, Archiv der Otto-von-Bismarck-Stiftung)

Ein beinahe verfallenes Schulgebäude und ein Gutsherr, der sich seiner Verantwortung als „Schulpatron“ entledigen wollte, um die Kosten für den Unterricht zu sparen: Der Dienstantritt im Gutsbezirk Varzin in Hinterpommern am 30. März 1886 konfrontierte den Lehrer Bernhard Eduard Haberland mit einem Berufsalltag, der sowohl von traditionellen Verantwortlichkeiten als auch von Ausstattungsmängeln geprägt war, die laut Gesetz längst hätten beseitigt sein sollen. Unterrichtsräume und eigene Unterkunft waren in einem denkbar schlechten Zustand, aber dennoch sollte diese Stelle für ihn zu einer besonderen Station auf seinem Lebensweg werden: Das Gut gehörte Reichskanzler Otto von Bismarck.

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Bernhard von Bismarck als junger Erwachsener (Reproduktion eines Gemäldes von E. Boltz, Bismarck-Museum)

„Lieber Bruder. In dieser scheußlichen Zeit muss man an alten Gewohnheiten festhalten, um sich mit ihr in Widerspruch zu setzen, und darum schreibe ich Dir einen feierlichen Gratulationsbrief zu Deinem Geburtstag. Möge Heil und Segen Dich auf allen Wegen u.s.w.“ Otto von Bismarck musste in diesem Brief vom 22. Juli 1848 nicht ausführen, was diese Zeit aus seiner Sicht so „scheußlich“ machte: Am 18. Mai 1848 hatten sich in der Frankfurter Paulskirche die Abgeordneten des ersten gesamtdeutschen Parlaments versammelt, um über eine freiheitliche Verfassung und die Bildung eines deutschen Nationalstaats zu beraten. Die Brüder hatten zuvor als Abgeordnete im Ersten und Zweiten Vereinigten Preußischen Landtag die Anfänge des deutschen Parlamentarismus mitgestaltet, hielten aber treu zur preußischen Monarchie.

Bernhard von Bismarck wurde am 24. Juli 1810 in Schönhausen/Elbe geboren, fünf Jahre vor seinem Bruder Otto, 1827 kam ihre Schwester Malwine zur Welt. Er verlebte die ersten zehn Jahre seines Lebens auf dem Land, erst in Schönhausen/Elbe, dann auf dem pommerschen Gut Kniephof, bevor er nach Berlin in die Schule geschickt wurde. Sein kleiner Bruder Otto folgte – sechsjährig und unfreiwillig – ein Jahr später. Einige Jahre lebten sie in der elterlichen Stadtwohnung, betreut von einer Haushälterin und einem Hauslehrer, die Eltern waren nur in den Wintermonaten bei ihnen. Während der Vater Ferdinand in den verschiedenen Biografien Otto von Bismarcks als gutmütiger Mensch beschrieben wird, behandelte die Mutter Luise Wilhelmine ihre beiden Söhne mit großer Strenge. Dem 15jährigen Bernhard schrieb sie: „Ich muß es dir vorher sagen, daß, wenn dein Zeugnis zu Michaelis nicht vorzüglich gut ausfällt, du für den kommenden Winter nicht bei uns wohnst, und auch nur selten, und nie ohne [Schuldirektor] H. Plamanns Erlaubnis uns wirst besuchen dürfen.“

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