Schlagwortarchiv für: Georg von Schönerer

„Programm: Anschluß an Deutschland“, Karikatur über die politischen Absichten Georg von Schönerers von C. Barth, 12.10.1879

Seit dem ,Überschwappen‘ der US-amerikanischen „Black Lives Matter“-Bewegung nach Europa im Jahr 2020 hat die bundesdeutsche Debatte über den Umgang mit den Denkmalen Otto von Bismarcks neue Kontur gewonnen. Nicht selten ohne hinreichende Berücksichtigung der historischen Hintergründe und Evidenzen deklarieren Aktivistinnen und Aktivisten der postkolonialen Bewegung die steinernen Hinterlassenschaften seines Ehrregimes zu Relikten eines rassistischen Kolonialismus und verlangen deren Abriss.1

Eine in der Zielsetzung bisweilen ähnliche, wenngleich auf gänzlich anderem Fundament ruhende Diskussion erlebt seit über 25 Jahren die Sachsenwald-Gemeinde Aumühle, zu der auch der Weiler Friedrichsruh gehört, von 1878 bis zu seinem Tod 1898 Bismarcks hauptsächlicher Wohnort. Als ,Steine des Anstoßes‘ dienen hier gleich zwei Artefakte: ein von dem österreichischen Bismarck-Verehrer und bekennenden Antisemiten Georg von Schönerer 1915 initiiertes, 1921 aufgestelltes Bismarck-Denkmal und das 1922 auf dem Aumühler Friedhof für Schönerer eingerichtete Ehrengrab. Über beide Objekte entzündete sich 1996 ein im Kern lokaler, aber bundesweit ausstrahlender Disput, der zwischen dem Ruf nach Abräumung des Gedenksteins wie auch des Grabmals und dem Appell oszillierte, beides in bewährter Tradition erhalten zu wollen. Vor dem Hintergrund nachdrücklicher Interventionen der zuständigen Denkmalschutzbehörde bzw. der Kirchenoberen sahen die Verantwortlichen der politischen wie der Kirchen-Gemeinde schließlich von einer Beseitigung des Grabes und des Denkmals in der Hoffnung ab, das Problem mit der Aufstellung von Informationstafeln beheben zu können. Doch die Ruhe blieb trügerisch, da die Schilder schon bald von offenbar rechtsradikalen Kreisen beschädigt oder sogar entwendet wurden.2

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Das Bismarck-Denkmal in Aumühle (Ausschnitt), © Otto-von-Bismarck-Stiftung

Seitdem der Bundestag und die Hamburgische Bürgerschaft 2014 beschlossen haben, das Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark zu sanieren, wird in Hamburg intensiv über einen zeitgemäßen Umgang mit dieser Rolandsfigur diskutiert. Weniger öffentlichkeitswirksam, aber nicht minder kontrovers hatte bereits Jahrzehnte zuvor in Aumühle eine ähnliche Diskussion über gleich zwei ‚Steine des Anstoßes‘ eingesetzt, die mit dem Namen des ersten Reichskanzlers verbunden sind: ein Bismarck-Denkmal, das sein österreichischer Verehrer Georg von Schönerer 1921 gestiftet hatte, sowie dessen Grabstätte, die ein Jahr später auf dem Aumühler Friedhof eingerichtet worden war.

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