Wie weit die Wurzeln der SPD in die europäische und deutsche Geschichte zurückreichen, zeigte Dr. Meik Woyke, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung in Hamburg, in seinem Abendvortrag im Historischen Bahnhof Friedrichsruh auf. Deutlich wurde, auch in der anschließenden lebhaften Diskussion mit dem Publikum, dass die Partei vor dem Hintergrund ihrer langen (Vor-)Geschichte „über feste Orientierungspunkte“ verfügt, wie der Referent unter Hinweis auf die in der Französischen Revolution geforderten Menschen- und Bürgerrechte formulierte. Lange aber schlugen zwei Herzen in ihrer Brust, strebte doch der eine Parteiflügel nach Reformen, der andere nach Revolution.
Die Ursprünge dieses Spannungsverhältnis zwischen den jeweiligen Befürwortern von Reform oder Revolution führte Woyke auf die zwei Vorgängerorganisationen der SPD zurück, den 1863 in Leipzig maßgeblich von Ferdinand Lassalle initiierten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) und die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP). Sie wurde im August 1869, also vor 150 Jahren, unter der Federführung von August Bebel und Wilhelm Liebknecht in Eisenach gegründet. Der Rückblick auf diese beiden Organisationen – und auf Stephan Born, der zur Zeit der Revolution 1848 mit der Allgemeinen Deutschen Arbeiterverbrüderung den ersten Zusammenschluss in der Arbeiterbewegung ins Leben gerufen hatte – vermittelte auch einen Eindruck der Atmosphäre im 19. Jahrhundert: Man war in diesem politischen Spektrum eher genossenschaftlich und an der Selbsthilfe orientiert, parteiliche und gewerkschaftliche Anliegen wurden erst kurz vor der Jahrhundertwende voneinander getrennt.
Woyke hob die lange organisatorische Kontinuität der SPD hervor, die 1875 aus dem Zusammenschluss von ADAV und SDAP hervorging, wobei ihre „festen Grundwerte“ weiter modernisiert worden seien: So habe August Bebel es zwar von Anfang an gefordert, aber es habe noch bis zur Weimarer Republik gedauert, bis den Frauen ihr Wahlrecht zugestanden worden sei.