Großherzogliches Schloss zu Darmstadt – Kalenderblatt
Das im Zentrum Darmstadts gelegene Schloss geht auf eine Wasserburg der Grafen von Katzenelnbogen aus dem 13. Jahrhundert zurück und war über Jahrhunderte offizielle Residenz der Landgrafen von Hessen-Darmstadt und der Großherzöge von Hessen (ab 1806). Diese nutzten es jedoch selten als Wohnsitz. Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts erweiterten die Grafen von Katzenelnbogen die Wasserburg. Nach dem Aussterben des Grafengeschlechts 1479 fielen Titel und Herrschaft an die Landgrafen von Hessen, die den Bau in der Folgezeit jedoch vernachlässigten.
1518 erstmals schwer beschädigt und wiederhergestellt, wurde das Schloss 1547 erneut zerstört. Landgraf Georg I. ließ es ab 1567 im Stil der Renaissance wiederaufbauen und erweitern. Zwischen 1589 und 1597 entstanden Kanzlei, Marstall, Zeughaus, Kaisersaalbau und Kirchenbau, im 17. Jahrhundert folgten die Errichtung des Torhäuschens, des Glockenbaus, des Holländischen und des Prinz-Christian-Baus. Aufgrund des Brandes von 1715, bei dem unter anderem die Kanzlei zerstört wurde, verfügte Landgraf Ernst Ludwig den Neubau einer vierflügeligen barocken Residenz, die das vorhandene Schloss ersetzen sollte. Doch nach der Errichtung von zwei Flügeln im Rohbau (Neuschloss) wurden die Arbeiten 1726 aufgrund fehlender finanzieller Mittel eingestellt. Im weiteren Verlauf konnten dort dennoch einige Räume bezogen werden, aber erst ab Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Räumlichkeiten in den beiden Flügeln fertiggestellt. Mit Ausnahme einiger Räume im Erdgeschoss bezogen 1817 die Hofbibliothek sowie die Großherzoglichen Sammlungen samt Naturalienkabinett das Neuschloss. Der gesamte Komplex wurde seit dem Tod Großherzog Ludwigs III. im Jahr 1877 fast ausschließlich für repräsentative Zwecke wie Staatsempfänge und dynastische Feierlichkeiten sowie zur Unterbringung hoher Staatsgäste genutzt. Großherzog Ernst Ludwig ließ Ende des 19. Jahrhunderts noch einige Umbaumaßnahmen, darunter den Neubau des Teepavillons am Herrenbau (1893), vornehmen.
Nach dem Ende der Monarchie durch den Novemberumsturz 1918/19 übernahm der Volksstaat Hessen den Gebäudekomplex, und im Altschloss eröffnete 1924 das Schlossmuseum. Die gesamte Anlage wurde während des Zweiten Weltkriegs durch den Luftangriff britischer Bomber in der Nacht vom 11. auf den 12. September 1944 zerstört (Darmstädter Brandnacht). Die weitgehende Rekonstruktion des äußeren Zustands, bereits 1946 eingeleitet, dauerte bis in die 1970er-Jahre. Heute beherbergt die ehemalige Residenz unter anderem das Schlossmuseum, Teile der Technischen Universität Darmstadt sowie das Deutsche Polen-Institut.
Das Schlossmuseum Darmstadt informiert auf seiner Website über seine Ausstellungen und sein Programm.
Der Wandkalender 2024 „Residenzschlösser im Kaiserreich“ zeigt eine Auswahl historischer Fotografien. Sie gehören zu einem Konvolut, das Otto von Bismarck zu seinem 80. Geburtstag am 1. April 1895 vom Verband deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine in einer verzierten Holzkiste erhielt.
Zuvor erschienen: Fürstliches Schloss zu Greiz
Bismarck in Darmstadt
Otto von Bismarcks diplomatische Karriere begann 1851 nicht nur im Mai in Frankfurt/Main als preußischer Gesandter beim Bundestag. Am 30. Juni übernahm er zusätzlich die Vertretung Preußens in Darmstadt, der Hauptstadt des Großherzogtums Hessen, während der eigentliche preußische Gesandte Georg Ulrich Ludwig Joachim Friedrich von Otterstedt vorübergehend abwesend war. Auf den Diplomaten Bismarck kam eine politisch herausfordernde Zeit zu, in der der Deutsche Zollverein an Bedeutung gewann und sich räumlich ausdehnte. Das Großherzogtum Hessen zögerte aber angesichts einer österreichischen Gegeninitiative, sich diesbezüglich enger an Preußen zu binden. Bismarck reiste 1853 dreimal nach Darmstadt, am 26./27. Mai sowie am 31. Mai und 5. Juli zu jeweils einer Audienz beim Großherzog. Obwohl es bei diesem dritten Besuch zu einem vorübergehenden formellen Abbruch der diplomatischen Beziehungen kam, besuchte er am selben Tag im Gartenpalais auf der Rosenhöhe vor der Stadt die gleichaltrige Prinzessin Elisabeth von Hessen-Darmstadt, Gattin des Prinzen Karl von Hessen-Darmstadt und Enkelin des preußischen Königs Friedrich Wilhelms II.
Nachdem sich der Deutsche Zollverein – einschließlich des Großherzogtums Hessen – konsolidiert hatte, war Bismarck augenscheinlich ein gern gesehener Gast in Darmstadt: Am 7. Januar 1855 verlieh ihm dort der Großherzog Ludwig III. den Verdienstorden Philipps des Großmütigen. Weitere Besuche sind in jenem Jahr für den 24. Januar, 29. April und 29. Juni dokumentiert.
Zwei Jahre später, am 20. September 1857, reiste Bismarck wieder nach Darmstadt, trank mit der Großherzogin Mathilde Karoline Tee und begegnete dabei dem russischen Zaren Alexander II. Am nächsten Tag wohnte er der Parade zu dessen Ehren bei. Am 23. September begleitete Bismarck von dort aus den Prinzen von Preußen, den späteren Kaiser Wilhelm I., nach Baden-Baden.
Ein letzter Besuch des preußischen Diplomaten Bismarck in Darmstadt ist im Dezember 1858 nachzuweisen, er traf sich wieder mit Prinzessin Elisabeth. Es war ein Abschiedstreffen: Kurz darauf, am 29. Januar 1859, wurde er zum bevollmächtigten Minister und außerordentlichen Gesandten Preußens am russischen Hof in St. Petersburg ernannt.