Hamburg eröffnete Debatte über sein Bismarck-Denkmal

Das Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark wird derzeit saniert.

„Bismarck neu kontextualisieren“ lautete der Titel eines digitalen Podiumsgesprächs, zu dem der Hamburger Kultursenator Dr. Carsten Brosda am Donnerstagabend eingeladen hatte. Eröffnet wurde damit eine Reihe von Veranstaltungen, in denen der gegenwärtige Blick der Stadt Hamburg und ihrer Bürgerinnen und Bürger auf die Vergangenheit diskutiert werden soll. Festgemacht wird diese Debatte in der Hansestadt derzeit vor allem am Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark, das nach Beschlüssen des Deutschen Bundestages und der Hamburgischen Bürgerschaft saniert wird und durch eine wissenschaftlich fundierte Ausstellung ergänzt werden soll.

Im Kontext der Black-Lives-Matter-Debatte, die in den USA im Frühjahr dieses Jahres an Gewicht gewonnen hat und auch in der deutschen Öffentlichkeit rezipiert und fortgeführt wird, ist dieses Denkmal in die Kritik geraten: Es haben sich verschiedene Initiativen zu Wort gemeldet, die beim Blick auf Otto von Bismarck seine Kolonialpolitik in den Mittelpunkt rücken und daher argumentieren, dass seine Statue nicht mehr unverändert zum Hamburger Stadtbild gehören sollte.

Mit dieser ersten Veranstaltung bot die Hamburger Kulturbehörde diesen Initiativen die Gelegenheit, ihre Kritik und ihre Forderungen ausführlich zu erläutern. Eingeladen waren jeweils zwei Vertreterinnen und Vertreter der „Initiative Decolonize Hamburg“, der „Bismarcks Critical Neighbours“ und der „Intervention Bismarckdenkmal Hamburg“. Wissenschaftliche Expertise zum Themenkomplex steuerten der Kunsthistoriker Dr. Jörg Schilling sowie der Historiker Dr. Ulf Morgenstern, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Otto-von-Bismarck-Stiftung, bei. Der Journalist Mohamed Amjahid moderierte den Meinungsaustausch, der von 175 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgt wurde.

Es wird debattiert, dem Denkmal nicht nur eine wissenschaftlich fundierte Ausstellung beizufügen, sondern es auch künstlerisch zu bearbeiten.

Die vorgebrachten Forderungen der Initiativen reichten von einer künstlerischen Bearbeitung des Denkmals und seines Umfeldes bis hin zum sofortigen Stopp der Sanierungsarbeiten und zum Abriss. Die Begründung, Bismarck sei Kolonialpolitiker und Antidemokrat gewesen, wurde von Dr. Jörg Schilling als zu eindimensional zurückgewiesen. Er verwies auf die Bedeutung dieses Denkmals als historisches Bauwerk und als Zeugnis seiner Entstehungszeit. Auch Dr. Ulf Morgenstern kontextualisierte die Entstehungsgeschichte der Rolandsfigur: Die Hamburger Bürger hätten damit am Beginn des 20. Jahrhunderts ihrem (politischen) Selbstbewusstsein Ausdruck verliehen. Die Erläuterungen der beiden Historiker ließen erkennen, dass das Denkmal wenig über den Politiker Bismarck und viel über seinen Mythos und die Geschichte Hamburgs erzählt.

Diese Lesart fand Zustimmung bei Kultursenator Dr. Carsten Brosda, der den Meinungsaustausch verfolgte und im Schlussteil auch einige Fragen aus dem Publikum beantwortete. Er betonte, dass die Debatte über das zukünftige Erscheinungsbild des Denkmals erst am Anfang stehe. Zugleich gab er zu verstehen, dass ein Abriss für ihn keine Option darstellt, da er Hamburg die Möglichkeit nehme, sich mit den vom Denkmal ausgehenden Spannungen der Stadtgeschichte kritisch auseinanderzusetzen. Angestrebt sei ein breites Beteiligungsverfahren, über dessen Ergebnis in der Bürgerschaft abgestimmt werde. Das Ziel wurde deutlich: Das Denkmal soll in der Wahrnehmung kritisch gebrochen werden und damit dauerhaft zur Diskussion über die deutsche und Hamburgische Geschichte einladen.

 


Die Diskussion ist auf YouTube zu sehen: https://youtu.be/gFBWw7tUi4E

In Hamburg steht nur eines von vielen Bismarck-Denkmälern. Auf unserer Website bismarckierung.de lassen sich Bismarck-Orte rund um den Globus entdecken.