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Es war einmal an einem grauen Montagabend im herbstlichen Yorkshire… So oder so ähnlich könnte eine Geschichte beginnen, die im Oktober in Leeds spielt. Zumindest in Rosamunde-Pilcher-gesättigten Vorstellungen von Hochmooren und wallenden Nebeln im Norden Englands.

Ganz anders war es aber am vorgestrigen Montag, als auf Einladung von Prof. Holger Afflerbach die Ausstellung über Bimarck und Großbritannien in der University of Leeds eröffnet wurde.

Zwar war das Wetter nicht preisverdächtig, dafür war die Stimmung gut und wegen des nicht ganz unkomplizierten Gegenstands der preußisch-deutsch-britischen Beziehungen der Bismarck-Zeit musste niemand depressiv werden.

Als würdiger Platz erwies sich dabei das Hauptgebäude der mit 30.000 Studenten großen Universität. 30 Zuhörer fanden den Weg zum Parkinson Buildung, unter ihnen neben Vertretern der Universität auch der Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Leeds und Manchester, Mark Green, der den Anwesenden die Ehre eines Grußwortes erwies. Nach einem Vortrag wurde lebhaft duskutiert, auch weil der Österreich-Ungarn-Spezialist Roy Bridge es sich als messerscharfer Emeritus nicht nehmen ließ, den aus seiner Sicht allzu preußischen Talk von Ulf Morgenstern mit Fragen und Hinweisen einzuhegen.

Gelegenheit, um sich die weniger als vielleicht vermutet „preußische“ Sicht auf Dinge auf den Ausstellungsbannern in Ruhe anzuschauen, ist in Leeds noch während der nächsten drei Wochen, ab dem 17. Oktober dann in der School of History im Michael Sadler Building.

Anschließend wandert die Schau am 15. November ins wegen seiner Sonnenstunden im Spätherbst kaum besser beleumundete Norwich, wohin Prof. Thomas G. Otte von der University of East Anglia einlädt.

Geschrieben von Dr. Ulf Morgenstern am Freitag, den 07. Oktober 2016 um 12:44 Uhr

Unter den präganten Aussagen Bismarcks gibt es solche, die andere Derbheiten und Bonmots noch an Prägnanz überragen. Zu ihnen gehört eine Aussage über das Schicksal des jungen Staates Bulgarien aus dem Jahr 1887. Im Kontext der sogenannten Doppelkrise spielte der Konflikt um die Zukunft Bulgariens für Deutschland eine wichtige Rolle, da er Auswirkungen auf die Beziehungen zu den ganz unterschiedliche Interessen verfolgenden Staaten Russland, Österreich, Großbritannien und Türkei hatte. Von den prekären Beziehungen zu dem durch seinen Minister Boulanger auf Revanche gegen Deutschland sinnenden Frankreich ganz zu schweigen.

Bismarck war, seine eigentlichen Gedanken und Ziele verbergend, rund um den Jahreswechsel 1886/87 im In- und Ausland bemüht, den Eindruck absoluten Desinteresses in der bulgarischen Frage zu erwecken. Kriegslust und Parteilichkeit in dem Zwist um die Regierung des Fürsten Alexanders I. sollten auf keinen Fall mit der Berliner Politik assoziiert werden. Um diese vermeintliche Haltung besonders prägnant zum Ausdruck bringen, wählte Bismarck ein bis heute beliebtes Stilmittel: das des literarischen Zitats.

Ähnlich wie Bundestagspräsident Lammert in seiner Rede am 3. Oktober 2016 in Dresden Schopenhauer zitierte, um dessen Aussage über die Deutschen nicht selbst formulieren zu müssen, griff Bismarck auf den Fundus der geflügelten Worte William Shakespeares zurück, um mit dessen sprachlicher Autorität einen Sachverhalt seiner Gegenwart des Jahers 1887 zu charakterisieren. Wörtlich sagte Bismarck am 11. Januar 1887:

„Als ich diese Declamationen (die Zeitungsausschnitte, in denen zum Kriege gegen Rußland gehetzt wurde) zuerst las – … so fiel mir unwillkürlich die Scene aus ‚Hamlet‘ ein, wo der Schauspieler declamirt und Thränen vergießt über das Schicksal der Hekuba – wirkliche Thränen – und Hamlet sagt – ich weiß nicht, wendet er den ausdruck an, der durch Herrn Virchow das parlamentarische Bürgerrecht gewonnen hat, den Ausdruck von ‚Schuft‘ -: ‚Was bin ich für ein Schuft? oder benutzt er ein anderes Beiwort? – kurz und gut er sagt: ‚Was ist ihm Hekuba?‘ – Das fiel mir damals sofort ein. Was sollen diese Declamationen heißen? Was ist uns Bulgarien? es ist uns vollständig gleichgültig, wer in Bulgarien regiert, und was aus Bulgarien überhaupt wird, – das wiederhole ich hier, ich wiederhole alles, was ich früher mit dem viel mißbrauchten Ausdruck von den Knochen des pommerschen Grenadiers gesagt habe: Die ganze orientalische Frage ist für uns keine Kriegsfrage.“

Ein schwäbischer Bildungsbürger hat sich nun 129 Jahre post festum den Shakespeare-Anleihen des adligen Reichskanzlers  angenommen und auf wundervoll leichtfüßige Art und Weise auch die antiken Grundlagen des Hamlet-Wortes beleuchtet. Nachzulesen hier …

Geschrieben von Dr. Ulf Morgenstern am Donnerstag, den 06. Oktober 2016 um 07:55 Uhr

Wer kann, der sollte in den nächsten Monaten eine Reise nach Koblenz machen und dort eine Ausstellung im Bundesarchiv besuchen.

Der Titel könnte von dem erst zögernden, dann fördernden und schließlich wieder desinteressierten Kolonialpolitiker Otto von Bismarck stammen: „Was teiben die Deutschen in Afrika?!“ Mit dem Fokus auf der westafrikanischen Kolonie Kamerun wird das Verhältnis der Deutschen zu einer ihrer ehemaligen Kolonien beleuchtet.

Der zeitliche Rahmen ist dabei nicht nur bis 1919 abgesteckt, als der Versailler Vertrag dem Deutschen Reich seinen „Platz an der Sonne“ kurzerhand strich. Mit Fotos aus den Beständen des Bundesarchivs werden die Besucher auch in spätere Phasen der deutsch-kamerunischen Beziehungen geführt, als Bundesrepublik und DDR je ganz eigene Interessen in Afrika hatten. Nachdenkenswert.

Details zu der bis Ende Januar 2017 zu sehenden Ausstellung finden sich hier.

Wen das allein nicht lockt, der sei an die jetzt auf Hochtouren laufende Weinlese erinnert und an die önologischen und sonstigen kulinarischen Highlights am Rhein. Was machen wir eigentlich noch nördlich der Elbe?