Lehrjahre der Demokratie – unser Halbjahresprogramm 2026/I in Friedrichsruh

Adolph Menzel erhielt 1871 von der Stadt Berlin den Auftrag, den Ehrenbürgerbrief für Otto von Bismarck zu gestalten. Der angesehene Maler nutzte die Gelegenheit, nicht ohne Ironie einige Kommentare zum neugegründeten Deutschen Kaiserreich und seinem Reichskanzler auf das Pergament zu zeichnen. Diese „Nebenscherze“ stehen im Mittelpunkt des Vortrags von Dr. Claudia Czok (Geheimes Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin), der im Rahmen des Neujahrsempfangs stattfindet. Dazu laden wir gemeinsam mit unserem Förderverein am Freitag, 9. Januar, in den Historischen Bahnhof Friedrichsruh ein (Anmeldung erbeten).
„Die deutsche Einheit ist gemacht, und der Kaiser auch“: Vor 155 Jahren wurde das Deutsche Reich gegründet. Am 18. Januar, dem Tag der Kaiserproklamation in Versailles, bietet Dr. Maik Ohnezeit in ausgewählten Teilen der Dauerausstellung „Otto von Bismarck und seine Zeit“ im Historischen Bahnhof Friedrichsruh und im Bismarck-Museum eine Kuratorenführung an.
Die Sonderausstellung „Volkes Stimme! Parlamentarismus und demokratische Kultur im Deutschen Kaiserreich“ ist bis zum 12. April im Bismarck-Museum zu sehen. Dr. Maik Ohnezeit wird an drei Sonntagen (8. Februar, 1. und 22. März) Kuratorenführungen anbieten. Den letztgenannten Termin sowie die Podiumsdiskussion im Begleitprogramm unter dem Titel „Parlamentarismus heute“ (26. März) verknüpfen wir außerdem mit dem Tag der Demokratiegeschichte. Er findet am 18. März statt. Zu Veranstaltungen rund um dieses Datum rufen die Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte und die AG Orte der Demokratiegeschichte, deren Mitglied wir sind, auf. Schirmherr des bundesweiten Programms ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Mit den geplanten Vorträgen setzen wir wieder verschiedene Schwerpunkte. Zwei Referentinnen zeigen an ausgewählten Beispielen, wie im 19. Jahrhundert durch Modernisierungsprozesse soziale Beziehungen an Dynamik gewannen: Unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Luisa Götz stellt Frankfurt am Main als einen Hotspot der Diplomatie vor, an dem sich auch Otto von Bismarck als preußischer Gesandter beim Bundestag bewegte (5. Februar). Hannah Boeddeker, Universität Hamburg, zeigt am Beispiel des Gothaischen Hofkalenders, wie der Adel zunehmend um Rang und Namen stritt (21. Mai).
Den Hamburger Bismarck-Vortrag hält in diesem Jahr Prof. Dr. Jörg Baberowski über Macht und Herrschaft im historischen Russland; Fragen zum gegenwärtigen politischen Zustand des kriegsführenden Landes dürften im Anschluss zur Debatte stehen (23. April).
Vor 150 Jahren, am 5. Januar 1876, wurde Konrad Adenauer geboren. Der runde Geburtstag ist ein guter Grund, Dr. Holger Löttel, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, um einen Vortrag über „ein Leben in Zeiten des Umbruchs“ zu bitten (7. Mai). Zu den diplomatischen und politischen Erfolgen Adenauers als erster Kanzler zählt die Wiederbewaffnung 1955, mit der sich die Bundesrepublik Deutschland auch militärisch in das westliche Staatensystem integrierte. Dieser Schritt war zugleich einer der Meilensteine in der Geschichte der Wehrpflicht in Deutschland seit dem frühen 19. Jahrhundert. Prof. Dr. Ute Planert, Universität zu Köln, wird in ihrem Vortrag deren Wechselhaftigkeit in Abhängigkeit von sicherheitspolitischen Szenarien aufzeigen (18. Juni).
In der Dauerausstellung „Otto von Bismarck und seine Zeit“ im Historischen Bahnhof Friedrichsruh sowie im Bismarck-Museum werden öffentliche Führungen angeboten, alle Termine sind im Veranstaltungskalender veröffentlicht. Führungen für Schulklassen und Gruppen finden nach Vereinbarung statt.



