Bismarcks ungarischer Orden wird im Königlichen Schloss Gödöllő gezeigt

Königlich ungarischer Orden des Heiligen apostolischen Königs Stephan, bis 1918 ranghöchster Zivilverdienstorden Ungarns. Das Kleinod hat die Maße 86 x 48 x 13 Millimeter und wiegt 39 Gramm. Der Bruststern misst 93 x 89 x 25 Millimeter bei 117 Gramm. (© Otto-von-Bismarck-Stiftung / Jürgen Hollweg)

Noch ein österreichischer Orden wäre vermutlich zu viel des Guten gewesen. Zwar kannten sich Franz Joseph I. und Otto von Bismarck seit zwei Jahrzehnten, aber die Niederlage der Habsburgermonarchie im Deutsch-Deutschen Krieg lag 1872 erst sechs Jahre zurück. Da Franz Joseph I. aber nicht nur Kaiser von Österreich war, sondern seit 1867 auch König von Ungarn, fand sich eine elegante Lösung, dem deutschen Reichskanzler trotzdem Respekt zu zollen: Er verlieh ihm am 5. September 1872 den Ungarischen St.-Stephans-Orden. Als Leihgabe ist dieser Orden in den kommenden Wochen in einer Sonderausstellung im Königlichen Schloss Gödöllő zu sehen.

Schloss Gödöllő, Gemälde von Sandor Brodsky, 1869

Das Schloss, 28 Kilometer nordöstlich von Budapest gelegen, war einst die Lieblingsresidenz der österreichischen Kaiserin und ungarischen Königin Elisabeth („Sisi“). 1996 wurde in dem Barockbau ein Museum eröffnet, das in der aktuellen Sonderschau Arbeiten von A. E. Köchert zeigt. Das 1814 gegründete Wiener Familienunternehmen diente bis 1918 als kaiserlich und königlicher (k.u.k.) Hof- und Kammerjuwelier sowie Goldschmied und damit als persönlicher Juwelier des österreichischen Kaisers. Daher war es auch mit der Anfertigung des Ordens für Bismarck beauftragt worden.

Der überwiegende Teil des in der Sonderausstellung gezeigten Schmucks befindet sich in Privatbesitz, wie Kuratorin Beatrice Austerlitz informiert, und wird zum ersten Mal öffentlich gezeigt. Dazu zählen eine Brosche, die der Architekt Theophil von Hansen im Stil der Neorenaissance für Kaiserin Elisabeth entwarf, Brautschmuck sowie Franz Josephs Geschenke für seine Freundin Katharina Schratt. Auf Basis der Archivunterlagen des Juwelierhauses werden außerdem die Schmuckstücke der Vitrine 13 der kaiserlich-königlichen Schatzkammer dokumentiert. Sie gelten seit dem Sturz der Monarchie 1918 als verschollen. Zu den Leihgebern dieser im Wortsinn hochkarätigen Ausstellung zählen neben zahlreichen Museen sowie Caroline und Ernst August von Hannover auch unsere Stiftung.

Kaiserin Elisabeth in Balltoilette mit Diamantsternen im Haar, Gemälde von Franz Xaver Winterhalter, 1865 (Kunsthistorisches Museum Wien) – Elisabeth trägt als Haarschmuck die „Sisi-Sterne“. Bei einer Aufführung von Mozarts „Zauberflöte“ soll sie so vom Sternenschmuck der Königin der Nacht geschwärmt habe, dass Kaiser Franz Josef I. beim Juwelier Köchert einige Diamantsterne in Auftrag gab. Er schenkte sie seiner Frau zum ersten Hochzeitstag.

Das Großkreuz des Ungarischen St.-Stephans-Ordens, der Bismarck verliehen wurde, ist dunkelgrün emailliert und an den Rändern und auf der Krone mit Diamanten besetzt. Auch die acht Strahlen des Bruststerns wurden zu einem weißen Funkeln gebracht, während grüne Edelsteine den inneren Eichenlaubkranz formen. Beide Teile des Ordens gehören zu den Exponaten des Bismarck-Museums in Friedrichsruh, das dazugehörige Schulterband wird im Archiv verwahrt.

Die Ordensverleihung datiert auf eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen sich Franz Joseph I. und Bismarck persönlich trafen: Der österreichische Kaiser war 1872 zusammen mit dem russischen Zaren zu Gesprächen beim Deutschen Kaiser Wilhelm I. in Berlin. Ein Jahr später schlossen sie das Dreikaiserabkommen, mit dem sie sich gegenseitig ihre Solidarität zusagten.

Kennengelernt hatten sich Franz Joseph I. und Bismarck bereits 1852 in einer politisch spannungsreichen Zeit. 1851 war Bismarck Gesandter Preußens beim Deutschen Bundestag in Frankfurt/Main geworden. Er sah es als seine diplomatische Aufgabe an, Österreich im Deutschen Bund die Anerkennung Preußens als Partner auf Augenhöhe abzuverlangen. In der Außen- und Sicherheitspolitik beschäftigte er sich mit Überlegungen, die enge Bindung an Österreich zu lockern und Preußen machtpolitisch zwischen diesem und Frankreich zu positionieren. Österreich wiederum opponierte gegen den Deutschen Zollverein.

Gesucht wurde daher zwischen beiden Mächten auch das persönliche politische Gespräch: Am 23. Juni 1852 reiste Bismarck zum Kaiserlichen Hoflager in Ofen (Buda) und wurde am folgenden Tag zur Audienz bei Kaiser Franz Joseph I. vorgelassen; der preußische Diplomat vertrat dabei den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. Für die nächsten Tage sind Aufenthalte oder Durchreisen Bismarcks in Pest, Albertirsa, Keskemet und Szolnok belegt. Gödöllő, wo gegenwärtig die Sonderschau zu sehen ist, lag nicht auf der Reiseroute – das Schloss befand sich zu jener Zeit noch in Privatbesitz; die ungarische Regierung kaufte es 1867 und schenkte es Franz Joseph I. und Elisabeth anlässlich ihrer Krönung in Buda (das erst 1873 durch Zusammenschluss mit der Stadt auf der östlichen Seite der Donau zu Budapest wurde).

Ebenfalls im Bismarck-Museum Friedrichsruh zu sehen: I. Klasse des Ordens der Eisernen Krone, 1853 verliehen an Otto von Bismarck (© Otto-von-Bismarck-Stiftung / Jürgen Hollweg)

Der Besuch Bismarcks 1852 im Hoflager hatte eine schmucke Folge, wie sich wenige Monate später zeigte: Als „ein öffentliches Merkmal der Kaiserlichen Gewogenheit“ verlieh ihm Franz Joseph I. im Februar 1853 die I. Klasse des Ordens der Eisernen Krone. Es war Bismarcks insgesamt siebter Orden und es sollte, wie sich 1872 zeigte, der einzige österreichische bleiben.


A. E. KÖCHERT – Juwelier der Kaiser und Könige
Sonderausstellung im Königlichen Schloss Gödöllő
6. Dezember 2025 – 6. April 2026


siehe auch:

A.E. Köchert: Ausstellung in Schloss Gödöllő

Ludwig Arndt/ Nikolaj Müller-Wusterwitz: Die Orden und Ehrenzeichen des Reichskanzlers Fürst Otto von Bismarck, Offenbach 2008

Bismarck-Biografie.de: Chronik

Bismarck-Biografie.de: Politik / Diplomatenjahre 1851 bis 1862

Königspalast von Gödöllő