Zeitenwende
„Volkes Stimme!“ – Sektion I
Die Geschichte des Parlaments reicht weit zurück. Sie erstreckt sich von den frühen Bürgerversammlungen mit direktdemokratischen Elementen in der griechisch-römischen Antike bis zu den heutigen repräsentativen Volksvertretungen.
Im Mittelalter wurden in Europa Zusammenkünfte ins Leben gerufen, an denen Vertreter bestimmter gesellschaftlicher Schichten (Stände) teilnahmen. Sie waren beispielsweise an der Gesetzgebung sowie der Bewilligung von Steuern beteiligt und berieten die Herrschenden in politischen Angelegenheiten. Diese Ständevertretungen verstanden sich auch als Gegengewicht zur Obrigkeit und versuchten, ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Das Verhältnis beider Seiten war daher nicht frei von Konflikten. Im Zeitalter des Absolutismus verloren die Ständeversammlungen an Bedeutung.
Doch im Verlauf des politisch-gesellschaftlichen Wandels im 17., 18. und 19. Jahrhundert entwickelten sich die meisten Ständeversammlungen zu modernen Volksvertretungen. Das englische Parlament gilt hierbei als prägend. Seine Entwicklung trug maßgeblich zur Entstehung des modernen Parlamentarismus bei. Die englische Bill of Rights von 1689 diente als Vorbild für die Verfassung der Vereinigten Staaten von 1787 und die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789.
Die Deutsche Nationalversammlung, die 1848 in Frankfurt am Main zusammentrat, war das erste demokratisch gewählte gesamtdeutsche Parlament. Ihre Abgeordneten betrachteten sich als Repräsentanten der gesamten Bevölkerung. Die von der Nationalversammlung ausgearbeitete Reichsverfassung von 1849 wurde zum Vorbild für spätere deutsche Verfassungen.
Umwälzung
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beschleunigte sich die Modernisierung von Politik, Technik, Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Entwicklung führte zum Ende der Ständegesellschaft, die sich auf den Willen Gottes berief. Immer mehr Menschen verlangten nach einer größeren Mitbestimmung in Staat und Gesellschaft.
Der Ruf nach individuellen Freiheitsrechten und die neue Idee, in einem Nationalstaat leben zu wollen, verdrängten traditionelle Werte und Überzeugungen. Als Gegenentwurf zum überkommenen Herrschaftsanspruch der Fürsten (monarchisches Prinzip) entstand das Konzept der Volkssouveränität: Die rechtmäßige höchste Gewalt im Staat sollte vom Volk ausgehen.
Diese Ideen setzten sich durch. In England beendete die „Glorreiche Revolution“ (1688/89) den Absolutismus des katholischen Stuart-Königs, im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg wurde die Loslösung von Großbritannien (1775–1783) durchgesetzt und die Französische Revolution (1789) beseitigte das absolutistische Regierungssystem der Bourbonenkönige.
Durch die Verknüpfung von Volkssouveränität und nationaler Identität legitimierte sich politische Herrschaft neu.















