Der Frankfurter Frieden von 1871 – Der erste Friedensschluss des jungen deutschen Kaiserreichs

Erste Seite des Friedensvertrages zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich, Frankfurt/M., 10. Mai 1871 (Faksimile aus Papier und Textil), zu sehen in der Dauerausstellung der Otto-von-Bismarck-Stiftung

Text: Melith Esmer

Unter den „Einigungskriegen“ zwischen 1864 und 1871 zeichnete sich vor allem der Deutsch-Französische Krieg durch seine überaus große Bedeutung im Zusammenhang mit der Reichsgründung aus. Bismarcks Rechnung ging auf: Die Kriegserklärung Frankreichs war insofern ein ihm gelegenes Manöver, weil sie eine Welle von nationaler Begeisterung in den deutschen Staaten auslöste, welche im Hinblick auf die spätere Reichsgründung eine nicht zu unterschätzende Rolle einnahm.

Nachdem sich Kaiser Napoleon III. nach der Schlacht von Sedan Anfang September 1870 ergeben hatte, leistete die neugebildete provisorische Regierung in Paris weiterhin Widerstand. Besonders Jules Favre, der Außenminister der kurz zuvor ausgerufenen Republik, war ein entschiedener Befürworter des Widerstands, doch wie auf dem hier präsentierten Exponat zu sehen ist, war er am Ende doch gezwungen, einen Friedensvertrag zu Bismarcks Bedingungen zu unterzeichnen. Zum Ärger einiger deutscher Militärs bevorzugte Otto von Bismarck eine politische Lösung des Konflikts, die jedoch vorerst nicht zu Stande kam, weil die republikanische Regierung in Paris die von deutscher Seite geforderten Gebietsabtretungen nicht hinnehmen wollte. Doch die innenpolitische Lage in Frankreich verschärfte sich parallel zum immer noch andauernden Krieg. So kapitulierte die von den Deutschen eingeschlossene Hauptstadt Paris schließlich, und die republikanische Regierung war gezwungen, zunächst einen Waffenstillstand zu vereinbaren, woraufhin eine Nationalversammlung gewählt wurde, die den deutschen Forderungen zustimmte. Somit wurde eine Grundlage für den Vorfrieden von Versailles (26. Februar 1871) geschaffen. Hierbei wurde verbindlich festgelegt, welche Gebiete die dritte Französische Republik an das neugegründete deutsche Kaiserreich abtreten sollte. Außerdem wurden Reparationen in Höhe von fünf Milliarden Francs festgelegt. Ein interessantes Detail ist, dass eine derart hohe Summe selbst aus Bismarcks Sicht im Grunde unangemessen war, weil sie den tatsächlichen Kosten der materiellen Kriegsschäden nicht entsprochen habe.

Wie der Name schon erahnen lässt, ist der Vorfrieden von Versailles kein endgültiger Friedensschluss gewesen. Jetzt tritt das Exponat des Monats in Erscheinung, denn es beinhaltet die Korrektur, aber vor allem die Sanktion der im Versailler Vorfrieden genannten Beschlüsse. Der am 10. Mai 1871 in Frankfurt am Main nach langwierigen und von den Franzosen hinhaltend geführten Verhandlungen abgeschlossene Friedensvertrag beendete den im Jahr zuvor ausgelösten Deutsch-Französischen Krieg. Das Dokument umfasst 18 Artikel zuzüglich dreier zusätzlicher Bestimmungen. Diese regelten neben der Höhe und Modalitäten der von Frankreich zu zahlenden Kriegsentschädigung auch die Abtretung von Elsass und Lothringen, die Dauer des Aufenthalts der deutschen Besatzungstruppen, die Frage der Rückführung der Kriegsgefangenen sowie weitere völkerrechtliche und handelspolitischen Fragen. Unterzeichnet wurde der Friedensvertrag unter anderem von Reichskanzler Otto von Bismarck für die deutsche sowie von Jules Favre für die französische Seite.

Insbesondere die Gebietsverluste und die Höhe der Reparationen wurden in Frankreich als demütigend empfunden und hinterließen Spuren in der kollektiven Erinnerung der Franzosen. In Deutschland wurde der Erwerb Elsass-Lothringens hingegen überwiegend positiv aufgenommen. Die ersten Worte des auf Französisch verfassten Vertragstextes bezeichnen den Namen des Mannes („Der Fürst Otto von Bismarck-Schönhausen, Kanzler des Deutschen Reichs“), dem es schließlich gelungen war, durch diplomatische Bemühungen den Krieg zugunsten des deutschen Kaiserreichs zu beenden.

Wenn Bismarck heute überwiegend als pragmatischer Politiker und vorausschauender Diplomat betrachtet wird, hat dies auch mit dem Deutsch-Französischen Krieg zu tun, welcher als letzter der drei „Einigungskriege“ die Einheit Deutschlands unter der Führung Preußens bewirkte.

Der Gewinn der beiden Provinzen Elsass und Lothringen war ein großer Triumph für die Deutschen, schließlich war es der erste große militärisch-politische Erfolg des noch jungen Kaiserreichs. Der Sieg über Frankreich bildete das Fundament für den neuentstandenen Staat. Parallel zu der deutschen Euphorie erlitten die Franzosen mit der Kaiserproklamation in Versailles und den Gebietsverlusten eine der größten Demütigungen ihrer Geschichte. Die deutsch-französische „Erbfeindschaft“ hatte nach den napoleonischen Feldzügen und den Befreiungskriegen einen weiteren Höhepunkt erreicht.

Otto von Bismarck war sich der Tatsache bewusst, dass Frankreich mittelfristig nicht als Verbündeter zu gewinnen war, es war aus deutscher Sicht eher eine militärische Revanche zu befürchten. In Anbetracht dieser Ausgangslage legte es Bismarck außenpolitisch auf eine Isolation Frankreichs an, die er in seiner Amtszeit als Reichkanzler durch eine geschickte Bündnispolitik auch durchsetzen konnte. Doch nach dem Ende der Ära Bismarck 1890 wandten sich seine Nachfolger von dessen Politik der „Saturiertheit“ ab.

Der Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 bietet noch heute ausreichend Stoff für kontroverse Diskussionen. Hätten die Deutschen auf Elsass-Lothringen verzichten sollen? Musste die Kaiserproklamation unbedingt im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles durchgeführt werden? War Bismarck durch seine Friedensbedingungen möglicherweise sogar der Wegbereiter für einen zukünftigen Konflikt in Europa?

Auch wenn diese Fragen nicht abschließend zu beantworten sind, ist eines sicher, nämlich die Bedeutung des hier vorgestellten Exponats. Der Frieden von Frankfurt beendete zwar den Deutsch-Französischen Krieg, aber er stellte die Beziehungen zwischen beiden Staaten nicht auf eine solide Grundlage. Besonders die Abtretung Elsass-Lothringens sollte das Verhältnis zwischen beiden europäischen Großmächten langfristig belasten. Auch wenn heute ein kriegerischer Konflikt zwischen den beiden Nationen ausgeschlossen scheint, sollen die Ereignisse von 1870/71 und was daraus folgte den Blick dafür schärfen, dass die freundschaftliche Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich keine Selbstverständlichkeit, sondern letztlich die Konsequenz aus den Erfahrungen zweier Weltkriege ist.