Rauch- oder Schreibservice, um 1885, aus Elfenbein, Ebenholz; Maße: 16,00 x 14,00 x 15,00 cm, zu sehen im Bismarck-Museum, Friedrichsruh

Einem glühenden Verfechter des Erwerbs von Kolonien, dem Afrikareisenden Eugen Wolf, begegnete Otto von Bismarck mit dem lakonischen Satz: „Ihre Karte von Afrika ist ja sehr schön, aber meine Karte von Afrika liegt in Europa. Frankreich liegt links, Russland liegt rechts, in der Mitte liegen wir. Das ist meine Karte von Afrika.“

Diese Äußerung aus dem Jahr 1888 zeigt, wie sehr der Reichskanzler auch 17 Jahre nach der Gründung noch immer um den Bestand und Erhalt des von ihm geschaffenen Deutschen Kaiserreiches besorgt war.

Den europäischen Nachbarn auf dem Kontinent, allen voran dem durch die Niederlage von 1871 gedemütigten Frankreich, misstraute er dabei genau so wie den übermächtigen Flügelmächten am Rande Europas, d.h. England und Rußland. Und musste eine über den Status Quo der mitteleuropäischen Großmachtgründung Preußen-Deutschlands hinausgehende Expansion nicht zwangsläufig auf den Unwillen der genannten Staaten stoßen und damit zu einer Gefährdung des mit der Reichsgründung Erreichten führen?

Eine Antwort auf diese Frage ist schwieriger zu geben als es auf den ersten Blick scheint. Denn bekanntermaßen gab Otto von Bismarck als Kanzler und Außenminister 1884 entgegen vorheriger und späterer Bekundungen schließlich doch noch grünes Licht für einen über den bloßen Schutz deutscher Handelsstützpunkte hinausreichenden „pragmatischen Expansionismus“ (Hans-Ulrich Wehler), an dessen Ende in der Wilhelminischen Epoche Kolonien in Afrika und Asien zum festen Territorialbestand Deutschlands gehörten.

Eine zugespitzte Lesart des spontanen Meinungswandels des auf Europa zentrieten ostelbisch-junkerlichen Denkers lautet wie folgt: da mit dem baldigen Tod des Kaisers Wilhelm I. (1797-1888) und dem Regierungsantritt seines englandfreundlichen Sohnes Friedrich Wilhelm (Friedrich 1831 – 1888) zu rechnen war, habe Bismarck begonnen, sich ein Faustpfand in Form kolonialer Erwerbungen zu besorgen.

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